Wie die Physikerin Merkel zur Metaphysikerin wurde

Artikeltyp:Meinung
Fl;chtlingspolitik
Wie die Physikerin Merkel zur Metaphysikerin wurde
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Von Stefan Aust
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Ver;ffentlicht am 26.01.2016 Lesedauer: 4 Minuten
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 22.01.2016 in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) auf dem Neujahrsempfang des CDU-Kreisverbandes Vorpommern-Greifswald und des CDU-Stadtverbandes. Foto: Stefan Sauer/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht am 22.01.2016 in Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) auf dem Neujahrsempfang des CDU-Kreisverbandes Vorpommern-Greifswald und des CDU-Stadtverbandes. Foto: Stefan Sauer/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Quelle: dpa
Die Kanzlerin denke die Dinge „vom Ende her“, hie; es lange. Unsinn. Angela Merkel improvisiert und l;sst ihre Politik hinterher verkl;ren. Doch die Realit;t l;sst sich auf Dauer nicht ausblenden.

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Von Angela Merkel, der Physikerin, hie; es immer, sie w;rde die Dinge „vom Ende her“ betrachten. Das klang irgendwie wissenschaftlich. Genauer betrachtet, ist es das Gegenteil – es sei denn, die so Charakterisierte h;tte seherische F;higkeiten. „Vom Ende her“ betrachtet hie;e ja, das Ergebnis zu kennen und die Schritte dorthin genau zu planen. Tats;chlich d;rfte es sich um die nachtr;gliche Verkl;rung eher unbedachter Schritte auf ein bestimmtes Ziel hin handeln.

Beispiel Atomausstieg. Schritt eins: Auf Druck der Atomlobby wird der rot-gr;ne Atomkompromiss au;er Kraft gesetzt und die Verl;ngerung der Laufzeiten der Kernkraftwerke beschlossen. Schritt zwei: Nach der durch einen Tsunami ausgel;sten Atomkatastrophe von Fukushima wird der beschleunigte Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Kehrtwende um 180 Grad. Analyse: Eigentlich war Sofortausstieg immer der Plan, der nur durch Fukushima umsetzbar war. Echt weitsichtig! Tats;chlich: Rin in de Kartoffeln, rut ut de Kartoffeln!

Vermutlich wird am Ende der Fl;chtlingskrise eine ;hnliche Verkl;rung durch die Merkel-Versteher stehen – wenn die Kanzlerin dann noch im Amt sein sollte –, was auch immer am Ende das Ergebnis sein wird.

Gibt es den Plan B?
Gegenw;rtig sieht nichts danach aus, dass die Physikerin die Dinge „vom Ende her“ betrachtet. Seit Monaten besteht das politische Konzept der Krisenbew;ltigung aus Hoffen und Harren, was bekanntlich manchen zum Narren macht. Nicht die auch der Physik zugrunde liegenden Grundrechenarten bilden hier die Basis politischer Entscheidungen, sondern das Wunschdenken. Die Politik ist den Schritt von der Physik zur Metaphysik gegangen.

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Merkel verspricht sp;rbare Reduzierung der Zahlen
Die Kanzlerin wirbt weiter um Vertrauen. In ihrem Wahlkreis Greifswald macht sie ihr Ziel f;r 2016 klar: die Senkung der Fl;chtlingszahlen. Dabei setzt sie vor allem auf die Zusagen aus der T;rkei.

Quelle: Die Welt

Dabei sind die an den Entscheidungsprozessen Beteiligten trotz ihrer faktischen Statistenrolle zuweilen durchaus klarsichtig. So beantwortete Bundesinnenminister Thomas de Maizi;re eine Frage der „Welt am Sonntag“ (13.12.2015) wie folgt: „So leicht sollten wir die Errungenschaften von Schengen nicht aufgeben. Aber der Schengenraum kann ohne Grenzkontrollen dauerhaft nicht weiterbestehen, wenn der Schutz der Au;engrenzen nicht funktioniert. Die Sicherung der Au;engrenzen und die Verhandlungen mit der T;rkei haben zeitlich und inhaltlich Vorrang.“

Das alles klingt in der Abfolge von Konditionen und daraus folgenden Handlungsoptionen logisch – und nach einem Plan B. Den aber weist der Fl;chtlingskoordinator im Kanzleramt mit Abscheu zur;ck. Peter Altmaier deutet in seinen Redeschw;llen stattdessen auf alles und jedes und zugleich das Gegenteil davon hin.

Europas Scheitern
Er setzt auf eine wundersame Verringerung der Fl;chtlingszahlen durch das im Fr;hling bekanntlich deutlich schlechter werdende Wetter in der ;g;is, eine vom Himmel fallende Sicherung der Au;engrenzen; die g;ttliche Eingebung von drei Milliarden Euro aus EU-T;pfen an die T;rkei, die daraufhin den Deutschen die Last abnimmt; einen globalen Friedensengel, der den Syrienkrieg beendet; europ;ische Partnerl;nder, die den Deutschen die durch ihre sperrangelweit ge;ffneten Grenzen eingewanderten Fl;chtlinge und Migranten abnehmen – sowie deutsche Beh;rden, die all jene schnurstracks in die Heimatl;nder zur;cktransportieren, die keinen Anspruch auf Asyl oder Bleiberecht haben.


Nur keine eigenen Ma;nahmen bitte, die schlechte Bilder liefern k;nnten – wenn sie dann sp;ter in K;ln und anderswo doch entstehen, sind andere schuld.

Zugleich werden Altmaier und andere Regierungssprechmaschinen nicht m;de, darauf hinzuweisen, dass Grenzkontrollen nur mit Mauer und Stacheldraht ; la Honecker m;glich sind, wodurch jedes europ;ische Wirtschaftsleben, jede Freiz;gigkeit erstickt w;rde. So scheitert Europa mal wieder: erst am gescheiterten Euro, dann am gescheiterten Schengen.

Es ist eine wunderliche Art virtueller Politik, die zu beobachten ist. Doch die Realit;t l;sst sich auf Dauer nicht ausblenden

Dass es auch an der eigenen Unf;higkeit zu handeln scheitern k;nnte, bleibt au;en vor. Dass es Abstufungen gibt, Kontrollen an den Grenzen, die darauf ausgerichtet sind, Menschen abzuweisen, die nicht aus Kriegsgebieten kommen oder als Asylbewerber aus sicheren Drittstaaten keinen Anspruch auf Einlass haben, wird verdr;ngt.

Merkel sichert T;rkei Milliarden-Hilfe zu
Kanzlerin Merkel sieht das Verh;ltnis zu Ankara gest;rkt. Im Mittelpunkt des Gespr;chs mit dem t;rkischen Ministerpr;sidenten Davutoglu stand die gemeinsame L;sung der Fl;chtlingskrise.

Quelle: Die Welt

Man h;rt nicht auf seine Sicherheitsbeh;rden, lehnt Einsatzpl;ne der Bundespolizei ab und w;nscht sich eine umgehende Integration der eingereisten Million. Dass etwa die H;lfte aller bei der Beh;rde f;r Migration und Fl;chtlinge Registrierten keinen Anspruch auf ein Bleiberecht hat, wird unterschlagen. Irgendwie werden sie sich in Luft aufl;sen. Oder man pocht auf die zunehmende Zahl der Abschiebungen – die genauer betrachtet im Monat geringer sein d;rfte als gelegentlich neue Fl;chtlinge am Tag dazukommen.

Es ist eine wunderliche Art virtueller Politik, die zu beobachten ist. Doch die Realit;t l;sst sich auf Dauer nicht ausblenden. Auch nicht hinter den Betonmauern des Kanzleramts.


Рецензии

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