Herbert von Karajan,

Karriere im NS-Staat

Herbert von Karajan, 1938

Das Stadttheater Aachen wirbt mit dem Namen Karajan f;r die Saison 1936/37 in der Neuen Zeitschrift f;r Musik
Karajan trat der NSDAP in Salzburg am 8. April 1933 bei (Mitgliedsnummer 1.607.525). Er entrichtete einen Aufnahmebeitrag, zahlte aber keine Folgebeitr;ge und zog nach Deutschland, wo ihm am 30. Mai in Ulm nach einem neuen Aufnahmeantrag eine provisorische Mitgliedskarte ausgestellt wurde; das neue Eintrittsdatum war der 1. Mai 1933 (Mitgliedsnummer 3.430.914).[12] Im Zuge der ;berpr;fung der ;sterreichischen Beitritte in der Zentrale der NSDAP in M;nchen 1939 wurde schlie;lich die erste – ;sterreichische – Mitgliedschaft formal f;r ung;ltig erkl;rt. Karajan selbst verbreitete hingegen die unzutreffende Legende, er sei erst 1935 in Aachen auf Verlangen des Kreisleiters in die NSDAP eingetreten, um Generalmusikdirektor werden zu k;nnen.[13][14] Oliver Rathkolb widerspricht zudem der verbreiteten Einsch;tzung, dass Karajan nur aus Karrieregr;nden der NSDAP beigetreten sei. So polemisierte Karajan 1934 in einem Brief an seine Eltern gegen die Wiener Volksoper, wo er nicht dirigieren wolle, da es sich um ein Vorstadttheater ohne Namen handle, „au;erdem wird das gesamte Pal;stina dort gesammelt sein“.[9]

1934 endete sein Vertrag in Ulm, und er sprach bei der Reichsmusikkammer vor, und zwar beim damaligen Leiter der Konzertabteilung Rudolf Vedder. Vedder war eng mit dem Generalmusikdirektor Peter Raabe am Stadttheater Aachen bekannt, und daher wurde in Aachen im April 1934 ein Probedirigat angesetzt. In dessen Folge wurde er am Stadttheater Aachen am 8. Juni 1934 zum Operndirektor und ersten Kapellmeister,[15] im April 1935 dann zum j;ngsten Generalmusikdirektor Deutschlands ernannt.[16] Da auch schon der Dirigent Hans von Benda von Vedder protegiert wurde, hatte Benda wiederum kein Problem damit, Karajan sp;ter nach Berlin zu holen.[17]

W;hrend seiner Aachener Zeit trat Karajan auch bald bei Veranstaltungen der Nationalsozialisten auf. So dirigierte er am 20. April 1935 eine Tannh;user-Vorstellung anl;sslich des „F;hrergeburtstags“ und am 30. April einen KdF-Opernabend (Fidelio). Am 29. Juni 1935 leitete er in einem Konzert zum Kreisparteitag der NSDAP die Auff;hrung der Propagandawerke Festlicher Hymnus von Otto Siegl, Unsere Seele von Bruno St;rmer sowie Flamme empor und Feier der neuen Front (nach Texten von Baldur von Schirach) von Richard Trunk.[18]


Karajan im Odeon des Herodes Atticus, Athen, 1939
Am 8. April 1938 leitete Karajan als Gast erstmals das Orchester, das er in seinem Leben sp;ter noch mehr als 1500 Mal dirigieren sollte: die Berliner Philharmoniker. Auf dem Programm standen Wolfgang Amadeus Mozarts Sinfonie Nr. 33 KV 319, Maurice Ravels Daphnis et Chlo;, Suite Nr. 2 und Johannes Brahms’ 4. Symphonie.[19][20]

Weithin bekannt wurde Karajan, nachdem er am 30. September 1938 in der Berliner Staatsoper mit Ludwig van Beethovens Fidelio deb;tiert und am 21. Oktober Richard Wagners Tristan und Isolde dirigiert hatte. Nach der Tristan-Auff;hrung pr;gte der Kritiker der B.Z. am Mittag, Edwin von der N;ll, am 22. Oktober 1938 das Schlagwort vom „Wunder Karajan“.[21][22] Urheber der Kritik soll aber nicht von der N;ll gewesen sein, sondern Generalintendant Heinz Tietjen, der Karajans Karriere auf Kosten Wilhelm Furtw;nglers f;rdern wollte.[9]

Ein erster Vertrag mit der Deutschen Grammophon Gesellschaft wurde geschlossen. In der Folge wurde er Dirigent der Staatskapelle Berlin. Am 20. April 1939 verlieh ihm Adolf Hitler den Titel „Staatskapellmeister“.[23][24]


Karajan dirigiert in Madrid, 1940
Karajan sank aber in der Gunst Hitlers, als er in der von ihm auswendig dirigierten Auff;hrung der Meistersinger von N;rnberg in der Berliner Staatsoper am 2. Juni 1939 falsche Eins;tze gegeben haben soll und die Vorstellung mit dem Fallen des Vorhanges unterbrochen werden musste. Karajan selbst sprach in Bezug auf diesen Vorfall von dem „dem Alkohol zugeneigten“ Bariton Rudolf Bockelmann, der die zweite Strophe ausgelassen hatte, worauf er improvisieren musste und den Umst;nden entsprechend noch elegant aus der Situation herausgekommen sei.[25] Jedenfalls entschied Hitler daraufhin, so in den Erinnerungen von Winifred Wagner, dass Karajan niemals bei den Bayreuther Festspielen dirigieren d;rfe. Da er jedoch der Favorit von Hermann G;ring war, leitete er weiterhin die Staatskapelle Berlin, mit der er in der Staatsoper bis 1944 etwa 150 Abende gestaltete.


Herbert von Karajan und Germaine Lubin, 1941
Karajan dirigierte auch Konzerte in den von der deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten, so in Paris vom 16. bis 19. Dezember 1940 mit dem Ensemble des Aachener Theaters[26] sowie am 22. und 25. Mai 1941 im Rahmen eines Gastspieles der Berliner Staatsoper mit Tristan.[27] 1942 wurde Karajans Vertrag an der Staatsoper von Tietjen nicht verl;ngert. Als Grund gab Tietjen an, dass Karajan ma;lose Forderungen gestellt habe. Noch 1943 wurde in einer Kartei der Reichsmusikkammer vermerkt, dass bez;glich Karajans politischer Einstellung laut Reichssicherheitshauptamt keine „nachteiligen Notierungen in politischer Hinsicht“ vorl;gen. Auch seine Heirat mit der „Viertelj;din“ Anita G;termann (2.10.1917 – 16.2.2015) veranlasste das NS-Regime zu keiner ;nderung dieser Einsch;tzung.[28] Die Heirat bot Karajan sogar Vorteile, da Anita G;termann aus einer gro;en Industriellenfamilie stammte.[28] Noch im September 1942 hatte der Chef der Reichskanzlei Hans Heinrich Lammers Karajan schriftlich mitgeteilt, dass seine Eheschlie;ung mit Anita G;termann erst nach dem Krieg stattfinden k;nne.[29] Anita G;termann suchte daraufhin in Venedig den Kontakt zu Goebbels und erreichte, dass schon am 22. Oktober 1942 geheiratet werden konnte.[29]

Am 19. und 20. April 1944 leitete Karajan aus Anlass von Hitlers Geburtstag das Orchester von Radio Paris im Th;;tre des Champs-;lys;es. Zur Auff;hrung kamen ein Concerto grosso von H;ndel (in dem Karajan auch den Klavierpart ;bernahm), La Mer von Claude Debussy sowie die 5. Sinfonie von Beethoven.[30] In der Endphase des Zweiten Weltkriegs wurde er im August 1944 in die von Hitler genehmigte Gottbegnadeten-Liste der wichtigsten Dirigenten aufgenommen, was ihn vor einem Kriegseinsatz, auch an der Heimatfront, bewahrte.[31] Im selben Jahr begann Karajan eine Anstellung beim Reichs-Bruckner-Orchester in Linz. Am 23. Juli 1944[32] dirigierte er in dieser Eigenschaft die 8. Sinfonie von Bruckner.[33] Noch im Dezember 1944 sollte das Orchester zu „Ehren des F;hrers“ zum besten Orchester des Deutschen Reichs gemacht werden, bevor das Kriegsende dieser Vorstellung ein Ende setzte.[9]

Am 29. September 1944 spielte er bei der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft im Haus des Rundfunks in Berlin mit dem 4. Satz der 8. Sinfonie von Bruckner eine der ersten Aufnahmen in Stereo (auf Magnetband) ein. Zum Einsatz kam ein Magnetophon der AEG.[34]

Am 18. Februar 1945 gab Karajan ein letztes Konzert mit der Staatskapelle in Berlin und setzte sich danach mit dem Flugzeug nach Italien ab. Das Kriegsende verbrachte er zusammen mit seiner damaligen Frau Anita in Mailand und am Comer See, wo er sich mit Hilfe des Generalbevollm;chtigten f;r Italien Hans Leyers in der Villa d’Este „versteckte, um einem Einberufungsbefehl zu der Kampfpropagandatruppe ‚S;dstern‘ zu entgehen“.[35]


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