Geschichte des Terrors

Geschichte des Terrors: Sicarii, Assassinen & Anarchisten

Alle Zeit der Welt - Podcast

Oct 25, 2024 
Wir starten einen Zweiteiler zur Geschichte des Terrors und besprechen in der ersten Folge die antiken Sicarii, die Assassinen und die 1. Welle von modernem Terrorismus mit der anarchistischen Bewegung im 19. Jahrhundert.

Quellen & Literatur:

Carola Dietze, Die Erfindung des Terrorismus in Europa, Russland und den USA 1858-1866, 2016.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/...
David C. Rapoport, Waves of Global Terrorism: From 1879 to the Present, 2022.
David C. Rapoport, The 4 Waves of Modern Terrorism: https://international.ucla.edu/media/...
Andreas Elter: Die Definition von Terrorismus. In: Dossier: Die Geschichte der RAF. Bundeszentrale f;r politische Bildung: http://www.bpb.de/geschichte/deutsche...
Mehr zum Definitionsproblem: https://www.bpb.de/shop/zeitschriften...



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Propaganda und Terror heute
Von Thomas Speckmann
Ver;ffentlicht am 06.06.2009

Andreas Elter vergleicht die RAF mit Al Qaida und entdeckt erstaunliche Parallelen


Es gab bisher kein Buch, das es wagte, die Geschichte und Taktik der RAF in Bezug zum islamistischen Terrorismus zu setzen. Der H;rfunk-Journalist Andreas Elter hat es geschrieben. Das Ergebnis l;sst sich sehen.

Elters Vergleich der Kommunikationsstrategien von RAF und Al Qaida f;hrt vor Augen, dass diese bei allen ideologischen Unterschieden zahlreiche ;hnlichkeiten aufweisen: Auch die islamistischen Terroristen bedienen sich der Propaganda der Tat, des Wortes sowie moderner Kommunikationstechnologie. Zwar setzen die Islamisten vor allem auf ;u;erst r;cksichtslosen Handlungsterrorismus, der sich gezielt gegen Unbeteiligte richtet. Dies bedeutet aber nicht, dass sie dabei g;nzlich andere Kommunikationsstrategien verfolgen als die RAF.

Elter erinnert daran, dass im Zusammenhang mit Al Qaida h;ufig darauf verwiesen wird, dass ihr Terrorismus eine neue Art von Terror sei, der sich prim;r auf zivile Opfer konzentriere, wodurch er sich vom Erkl;rungsterrorismus der Siebziger- und Achtzigerjahre unterscheide. Beachtet man die Ziele von Al Qaida, ist dieses Argument auf den ersten Blick zwar nicht von der Hand zu weisen. Nach Elters Untersuchung ist diese Analyse jedoch zu revidieren.

So hat Al Qaida bislang zwar keine in der westlichen Welt bekannt gewordenen, komplexen Erkl;rungsans;tze vorgelegt. Das hei;t aber keineswegs, dass es diese nicht gibt. Sie richten sich lediglich an arabisch sprechende Zielgruppen. Denn erstens greift Al Qaida auf islamistische Ideologien zur;ck wie die Schriften des radikalen ;gyptischen Theoretikers Sayyid Qutb. Zweitens ver;ffentlicht auch Al Qaida in ihren Bekennerschreiben theoretische Begr;ndungen f;r ihre Taten, die von der westlichen ;ffentlichkeit allerdings kaum wahrgenommen werden.



Eine weitere, ausschlie;lich kommunikationsstrategische Parallele zwischen RAF und Al Qaida sind ihre Bekennervideos. Zwar verfassen auch die Islamisten Schreiben, vor allem setzen sie aber auf bildm;chtige Mittel und haben damit die Kommunikationsstrategie des Terrorismus dem CNN-Zeitalter angepasst. Dabei ist es sicherlich kein Zufall gewesen, dass der arabische Satellitenkanal Al Dschasira der erste Sender war, dem Al Qaida mehr als sechs Monate nach den Anschl;gen vom 11. September 2001 das Bekennervideo Osama bin Ladens zuspielte. Nicht CNN wurde als Transporteur der islamistischen Botschaft ausgew;hlt, sondern ein Nachrichtenprogramm, das in der Muttersprache der Terroristen sendete.

Elter stellt die nicht unberechtigte Frage, warum die Massenmedien den kommunikativen Strategien der Terroristen bereitwillig folgen und sich am Spiel der Propaganda der Tat beteiligen. Die einfache und bittere Antwort: Aktionen von Terrorgruppen wie RAF oder Al Qaida passen perfekt in das Schema von Faktoren, die eine f;r die meisten Medien "gute" Nachricht ausmachen: Sie sind bildm;chtig und damit leicht verst;ndlich. Sie strahlen Negativit;t aus und verursachen Emotionen. Sie haben Massenbezug und stehen zugleich f;r Kontinuit;t. Daher ist davon auszugehen, dass Terroristen ihre Aktionen nicht nur unter ideologischen Gesichtspunkten planen, sondern dass sie dabei auch die sogenannten Nachrichtenfaktoren ber;cksichtigen.

Nach Elters Beobachtung bedienen Terrororganisationen noch auf eine andere Weise die Bed;rfnisse der Massenmedien: Allein dadurch, dass sie im Geheimen operieren und ihre Ziele nicht sofort zu erkennen geben, halten sie die Nachfrage nach Informationen hoch. Gerade im Zusammenspiel mit der Propaganda der Tat zeigt sich diese Strategie als besonders wirkungsvoll. So ist das erste Al Qaida-Video wahrscheinlich nicht zuf;llig erst mit Verz;gerung auf den Markt gekommen. Die Zeit zwischen dem 11. September und der Ausstrahlung konnten Sender und Zeitungen mit Spekulationen, Expertengespr;chen und der Rekonstruktion der Anschl;ge f;llen. Das Ereignis blieb so ;ber Wochen virulent.

Dieser Taktik hatte sich zuvor bereits die RAF bedient: Auch sie ;bermittelte ihre Bekennerschreiben in der Regel erst ein bis zwei Tage nach der Tat. So war die jeweilige Aktion den Menschen noch pr;sent. Gleichzeitig l;ste das Schreiben erneut eine intensive Berichterstattung aus.


Das oft vorgebrachte Argument, die Massenmedien w;rden nicht gezwungen, ausf;hrlich ;ber den Terrorismus zu berichten, und k;nnten sich statt dessen anderen Themen zuwenden, l;sst Elter nicht gelten, da er ein solches Verhalten f;r unrealistisch h;lt: Ereignisse wie die Schleyer-Entf;hrung oder die Anschl;ge vom 11. September k;nnten die Massenmedien nicht ignorieren. Dass dar;ber also berichtet wird, steht f;r Elter au;er Zweifel. Die Frage ist nur, wie. Und das ist auch f;r terroristische Gruppierungen weiterhin von Bedeutung. Daher bedienen sie sich zunehmend des Internets, das sich staatlicher Kontrolle noch weitgehend entzieht. W;hrend sich das World Wide Web f;r operative Zwecke nur bedingt eignet, stellt es ein probates Mittel der Au;enkommunikation dar, wenn es darum geht, Nachahmer zu produzieren und Propaganda zu verbreiten. Nach Elters luzider Analyse l;st das Internet somit den systemimmanenten Widerspruch einer Terrororganisation auf: klandestin zu operieren und gleichzeitig ;ffentlich wirken zu m;ssen. Die Propaganda der Tat hat ihren Weg ins 21. Jahrhundert gefunden.

Andreas Elter: Propaganda der Tat. Die RAF und die Medien. Suhrkamp, Frankfurt/M. 288 S., 10 Euro.

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Народная воля. Отрывок из книги Эдварда Крэнкшо "Тень Зимнего дворца: Как Россия пришла к революции"


Рецензии

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