Wolfszeit
Wolfszeit
Deutschland und die Deutschen 1945 - 1955
Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2019
ISBN 9783737100137
, 480 Seiten, 26,00 EUR
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Klappentext
Harald J;hners Mentalit;tsgeschichte der Nachkriegszeit zeigt die Deutschen in ihrer ganzen Vielfalt: etwa den "Umerzieher" Alfred D;blin, der das Vertrauen seiner Landsleute zu gewinnen suchte, oder Beate Uhse, die mit ihrem "Versandgesch;ft f;r Ehehygiene" alle Vorstellungen von Sittlichkeit infrage stellte; aber auch die namenlosen Schwarzmarkth;ndler, in den Taschen die mythisch aufgeladenen Lucky Strikes, oder die stilsicheren Hausfrauen am nicht weniger symbolhaften Nierentisch der anbrechenden F;nfziger, Baustein einer freieren Welt, die man sich bald w;rde leisten k;nnen. Das gesellschaftliche Panorama eines Jahrzehnts, das entscheidend war f;r die Deutschen und in vielem ganz anders, als wir oft glauben.
Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk, 09.04.2019
Wie schafften die Deutschen den ;bergang aus einem Regime totalit;rer Ordnung in eines der totalen Anarchie? Wenn etwas dieses Buch f;r Melanie Longerich interessant macht, dann ist es das nachhaltige Staunen des Autors ;ber die unmittelbare Nachkriegszeit. Die Menschen waren Entronnene, so die Rezensentin, ;ber die H;lfte der Bev;lkerung war nicht da, wo sie herkam, man war geflohen, den Lagern entkommen, ausgebombt. Aber die Menschen scheinen nicht deprimiert gewesen zu sein, da war eine unb;ndige Lust zu feiern - und zu vergessen. Denn ein weiteres Staunen J;hners gilt laut Rezensentin dem kompletten Verdr;ngen des Holocaust unmittelbar nach dem Krieg. Die Geschichte Deutschlands mit seinen Vertriebenen wiederum schildere J;hner als "Fremdheitserfahrung der Deutschen mit sich selbst" (so J;hners Formulierung), die das Land nach dem Krieg gegen den Nationalismus geimpft habe. Die Erkenntnisse aus dem Buchs sind nicht immer neu, aber sie sind frisch, und daf;r ist die Rezensentin dankbar.
Rezensionsnotiz zu Die Zeit, 28.03.2019
Rezensent Thomas E. Schmidt entdeckt pr;sentable Zeitgeschichte bei Harald J;hner. Dass der Autor bei seiner Darstellung der ersten deutschen Nachkriegsjahre ohne pseudoliterarisches Gehabe auskommt, dennoch lesbar und unterhaltsam ist, wenngleich auch nicht allzu lehrreich f;r Fachhistoriker, wie Schmidt einr;umt, findet der Rezensent bemerkenswert genug. Entstanden ist laut Schmidt ein popul;res Sachbuch wie es sein soll, zitatreich, mit dem Wolfs-Begriff als eing;ngigem Motiv. Welch gro;e Rolle der Zufall in den ersten Jahren nach dem Krieg spielte, wie soziale Marktwirtschaft aus dem Geist des Schwarzmarktes erwuchs, wie Albernheit und Erotik Urst;nd feierten und schlie;lich in Kulturreaktion m;ndeten - all das kann J;hner zeigen. Laut Schmidt verpasst er dabei nur die Gelegenheit, den "R;ckzug ins Verzagte" hinreichend zu erkl;ren.
Rezensionsnotiz zu Die Welt, 23.03.2019
Rezensent Hans Ulrich Gumbrecht urteilt zwiesp;ltig ;ber Harald J;hners gro;es historisches Panorama der deutschen Nachkriegszeit. Das mit Figurenportr;ts von Alfred D;blin bis Beate Uhse und mit Fotografien best;ckte, um die Frage nach der Erkl;rbarkeit des Wirtschaftswunders kreisende Werk findet er einerseits h;chst unterhaltsam, farbig, empathisch und stimmungsvoll. Andererseits gehen J;hners sorgloser Schreibstil und sein Versuch, moralische Gedanken in philosophische Sprache zu kleiden, dem Rezensenten sehr bald auf die Nerven. Allerhand Gemeinpl;tze ;ber die Nachkriegszeit und eine Gumbrecht v;llig unn;tig erscheinende Bearbeitung des Motivs der "historischen Gerechtigkeit" ver;rgern den Rezensenten. Politischer und moralischer Ernst scheinen Gumbrecht mit der Vergegenw;rtigung der Vergangenheit, wie sie das Buch vornimmt, jedenfalls nur schwer vereinbar.
Rezensionsnotiz zu Die Tageszeitung, 20.03.2019
Rezensent Ulrich Gutmair lernt die "anarchische Lust aufs Leben" der Deutschen zwischen 1945 und 1955 kennen mit dieser Kulturgeschichte von Harald J;hner. Elegant geschrieben und auf Grundlage reicher Quellen kann ihm der ehemalige Feuilletonchef der Berliner Zeitung den Spirit jener Jahre veranschaulichen: Zwischen Hamstern, Schwarzhandel, W;hrungsreform, Nierentischen, Entnazifizierungsma;nahmen und Beate Uhse verbrachten die Deutschen viel Zeit in Tanzlokalen, die, wie Gutmair erf;hrt, wie Pilze aus dem Boden sprossen. Dar;ber hinaus erf;hrt der Kritiker in der an Verweisen auf Tageb;cher, Romane, Filme, Gedichte und Lieder reichen Studie, wie sich die Frauen emanzipierten und dass die Deutschen in jenen Jahren weniger von Schuldgef;hlen geplagt waren als vom Leid am eigenen Elend.
Rezensionsnotiz zu Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16.03.2019
Rezensent Hannes Hintermeier findet Harald J;hners Geschichtsbuch ;berzeugend. Das Panorama Nachkriegsdeutschlands, das der Autor anhand von Lekt;reentdeckungen und neuen Quellen klug komponiert und bildreich geschrieben zeichnet, ist f;r den Rezensenten Mittel zum Selbstverst;ndnis. Wie genau sich Orientierungslosigkeit, seelische Kaputtheit, Wolfsmentalit;t und Neuanfang gestalteten, kann ihm J;hner anhand von Einzelschicksalen vermitteln. Dass die Verdr;ngung der Kriegsgr;uel auch als Leistung begriffen werden kann, bringt der Autor Hintermeier auch bei.
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Rezensionsnotiz zu Deutschlandfunk Kultur, 04.03.2019
Packend wie ein Roman liest sich f;r Holger Heimann diese Geschichte der unmittelbaren Nachkriegszeit, in der Harald J;hner nicht auf die Verfassungsgebende Versammlung oder das Politb;ro blickt, sondern auf den Alltag der Menschen, auf den Schwarzmarkt, die Ostfl;chtlinge oder den ersten K;lner Karneval nach dem Krieg 1946. Als ehemaliger Feuilletonchef der "Berliner Zeitung" kann J;hner lebendig und anschaulich schreiben, versichert der Rezensent, den aber mehr noch J;hners These interessiert: Dass sich die Entnazifizierung der Deutschen weniger der politischen Umerziehung verdanke als der gesellschaftlichen Praxis oder mehr noch dem Umgang mit l;ssigen amerikanischen Soldaten: Nicht zu untersch;tzen sei die Pionierrolle der "erotisch ausgehungerten" Frauen bei der geistigen Demobilisierung" der Deutschen, lernt Heimann. Allerdings sieht er auch, dass dies vor allem f;r die Bundesrepublik gilt, der J;hners Hauptaugenmerk gilt, wie der Rezensent mit leichtem Bedauern bemerkt.
Rezensionsnotiz zu S;ddeutsche Zeitung, 20.02.2019
Frank B;sch empfiehlt Harald J;hners Buch als gelungenes Stimmungsbild der deutschen Nachkriegsgesellschaft, auch wenn der Autor das Politische ausspart, sich auf Lebenslagen und auf die westlichen Zonen konzentriert. Farbenreich, griffig und mit Sinn f;r die Paradoxien der Zeit geschrieben, entwirft der Autor laut B;sch anhand neuer Quellen ein Alltagspanorama, in dem das Leid der Vertriebenen und der j;dischen R;ckkehrer fortdauert und sich ein Land auf die gro;angelegte Verdr;ngung einstellt. Dass J;hner auch die Sehnsucht nach Vergn;gen und die Karriere Beate Uhses in den Blick nimmt, gef;llt dem Rezensenten.
Свидетельство о публикации №124081701124