Liliputins in German -5252
Angela Merkel
Liliputins. What, the heck, is this ?
http://stihi.ru/2021/11/24/7101
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Westpaket
Ein Weihnachtsfest ohne Westpaket? Fuer einige unvorstellbar, fuer andere die Realitaet. Dieser Blogbeitrag nimmt das idealisierte Paeckchen unter die Lupe und erzaehlt ganz persoenliche Geschichten einiger Mitarbeitender des DDR Museum. von Alexandra de Le;n (20.12.2023)
Thema DDR
Marktwirtschaft, Planwirtschaft und Paketwirtschaft
Ein Westpaket ist heute nicht allen bekannt, doch in der DDR wusste jede*r Buerger*in, ob gross oder klein, was damit gemeint war und was es bedeutete, in den Genuss einer dieser Sendungen zu kommen. Gemeint sind die Pakete, die Freund*innen oder Verwandte aus der Bundesrepublik an ihre Liebsten in die DDR schickten. Gerade an Weihnachten rechneten viele Familien in der DDR fest damit, eins zu bekommen. Doch warum etablierten sich keine Ostpakete in den Westen? Ganz einfach: Der Osten, also die DDR, war staerker von wirtschaftlichen Problemen geplagt, die sich fuer die Bevoelkerung in einem spuerbaren Warenmangel aeusserten. Viele Importprodukte wie Zitronat, Kaffee oder auch diverse Kleidungsstuecke von Marken wie Levis waren in der DDR entweder gar nicht erhaeltlich oder staendige Mangelware. Die Bundesrepublik, die im Gegensatz zur DDR keine (ineffiziente) sozialistische Planwirtschaft, sondern eine soziale Marktwirtschaft hatte, war nach dem Zweiten Weltkrieg durch den Marshall-Plan finanziell unterstuetzt worden. Darueber hinaus pflegte sie internationale Handelsbeziehungen, waehrend die DDR aufgrund ihrer starken Abhaengigkeit von der Sowjetunion und den Spannungen des Kalten Krieges dabei vor groesseren Herausforderungen stand. Der SED-Regierung war dies sehr klar und so wurden Grundnahrungsmittel wie Milch, Eier, Mehl u. v. m. zum Ausgleich stark subventioniert.
Westpaket
Abb.: Westpaket aus dem Jahr 1962.
Westpaket: Was nicht ging
Was jedem Westpaket beilag, war eine Inhaltsliste mit allen Herrlichkeiten, die darin enthalten waren. Dies war fuer die Abwicklung beim Zoll vonnoeten, denn nicht alle Produkte aus dem Westen waren in der DDR von staatlicher Seite aus gern gesehen. An den Grenzen der DDR wurden strikte Kontrollen durchgefuehrt und jedes Westpaket musste den Zollbestimmungen entsprechen. Die beigefuegte Inhaltsliste erleichterte den Zollbeamten eine zuegige und effiziente Uueberpruefung, um sicherzustellen, dass der Paketinhalt den festgelegten Vorschriften entsprach. Politisch brisante Materialien, die als subversiv und anti-sozialistisch galten, sollten am besten nicht in dem Paket enthalten sein. Doch auch die beliebte Jugendzeitschrift »Bravo«, wie alle Druckschriften, oder heissbegehrte Schallplatten oder Kassetten internationaler Musiker*innen wurden zum Leid der Empfaenger*innen am Zoll abgefangen. Tatsaechlich konnte es auch passieren, dass sich Mitarbeitende der Stasi, des Zolls oder der Post an vielversprechend wirkenden Westpaketen vergriffen. Zwar mussten die Sendungen, die (zeitweise) zulaessigen Hoechstmengen der Genussmittel entsprechen, um einen moeglichen Handel mit ihnen zu unterbinden. Allerdings duerfte der ein oder andere Langfinger dies auch gelegentlich per Augenmass abgeschaetzt und nach eigenem Ermessen entnommen haben, was ihm gefiel.
Zwei Zeitschriften »Bravo«
Abb.: Aermelabzeichen der Deutschen Post der DDR aus blauem Stoff und mit gelbem Garn bestickt.
Westpaket: Was gern ging
Doch was war nun in dem viereckigen Highlight einiger Weihnachtsfeste drin? Wenn die Familie sich also zur feierlichen Oeffnung versammelte, durfte man mit Folgendem rechnen: Kaffee, Tee, Kakaopulver, Cremes wie zum Beispiel von der Marke »Nivea«, Parfuem von »4711« oder auch Nylon-Strumpfhosen. Ein Produkt erzaehlt jedoch eine ganz besondere Weihnachtsgeschichte vieler Familien: das Zitronat. Hier kommt der bis heute beruehmte und beliebte Dresdner Christstollen ins Spiel, da dieser ohne das aus dem Westen importierte Zitronat nicht gebacken werden konnte. Die Westangehoerigen schickten die benoetigte Zutat, waehrend die Empfaenger*innen die Weihnachtsdelikatesse zubereiteten. Es kam hin und wieder vor, dass einige Familien das fertige Produkt als Gegenleistung zuruecksendeten. Rueckblickend koennte also doch gesagt werden, dass es klassische Ostpakete gab.
Auch im Team des DDR Museum sind einige Kolleg*innen in der DDR aufgewachsen. Und alle von ihnen haben ihre ganz persoenliche Beziehung zum Westpaket. In diesem Blogbeitrag moechten wir einigen Geschichten Raum geben, damit sie geteilt werden k;nnen.
Zwei Inhaltslisten eines Westpakets
Abb.: Handgeschriebene Inhaltsliste eines Westpakets in DIN A5.
Schuhe im Westpaket unseres Haustechnikers Marco Westphal
»Ich erinnere mich noch genau an die Westpakete, die wir bekommen haben, besonders das zu Weihnachten von meiner Tante muetterlicherseits. Neben Strumpfhosen und Kaffee, an dem ich als kleiner Junge weniger interessiert war, gab es fuer mich Suessigkeiten wie Raider (heute Twix) und weitere Leckereien. Ein ganz besonderes Geschenk waren die Turnschuhe von Nike, die ich zu einer Weihnachtszeit im Westpaket hatte. Da war ich maechtig stolz! Die habe ich natuerlich sofort zur Schule angezogen. Meine Mutter wurde dann im Betrieb angerufen und musste mich abholen kommen, weil ich nicht mit den Westschuhen in den Unterricht sollte – und noch dazu war ich kein Jungpionier. Ich habe sie dann in meiner Freizeit sehr gerne getragen.«
Pressesprecherin des DDR Museum Simone Uthleb erinnert sich:
»Bereits Wochen vor Weihnachten waren meine Schwester und ich voller Vorfreude, wir wussten, Tante Uschi wird uns auch in diesem Jahr ein Westpaket zu Weihnachten schicken. Trotz grosser Bemuehungen meiner Eltern, uns Kindern zu Weihnachten eine Freude zu bereiten – ohne Westpaket war das Fest gelaufen. Meist haben wir Kinder das Paket bei der oertlichen Poststelle am Bahnhof mit einem Bollerwagen abgeholt. Tante Uschi war immer sehr grosszuegig und wusste genau, was kleine Maedchen in der DDR wollten. Schon allein die Abholung war sehr aufregend, wie gross wird in diesem Jahr das Paket wohl sein.
Die Postbeamten uebergaben uns das Paket mit Argwohn und oft war es so riesig, dass wir es kaum tragen konnten. Stolz transportierten wir dann unsere Beute mit dem Bollerwagen nach Hause und uebergaben dieses unseren Eltern. Ich erinnere mich an den Geruch, schon das Paket roch anders als alles, was man sonst so in der DDR kannte. Dies lag sicherlich auch an dem Kaffee und der Seife, die mitgeliefert wurden.
Nun galt es nur noch die Tage bis Heiligabend zu zaehlen. Am Heiligen Abend sind wir Kinder zu unserer Oma gelaufen und es gab selbstgebackene Plaetzchen und Brause. In der Zeit schmueckten unsere Eltern den Weihnachtsbaum, legten die Geschenke bereit und Mutti kuemmerte sich um das Fondue, was es immer Weihnachten bei uns gab.
Um 18 Uhr war es endlich so weit, »Peter Schreier singt Weihnachtslieder« lief wie jedes Jahr, die Stubentuer war zugehangen und endlich durften wir ins Wohnzimmer, den glitzernden Baum bewundern und uns endlich auf die Geschenke stuerzen. Zuerst wurde alles beaeugt, was aus dem Westen kam, erst danach haben wir uns mit den Geschenken unserer Eltern beschaeftigt. Die Beschaffung war damals eine Herausforderung, die Geschenke wurden schon im Laufe des Jahres angeschafft, es gab auch selbstgestrickte Pullover, Muetzen oder Handschuhe, einen Schlitten oder Chemiebaukasten. Mein Vater war handwerklich sehr begabt und hat auch viel selbst gebastelt. Heute wuerde ich mich ueber diese selbstgebastelten oder gestrickten Sachen viel mehr freuen. Damals haben wir uns vom Westfernsehen und deren Werbung sehr beeinflussen lassen, da es fuer uns ungreifbar war.«
Schallplatte »Peter Schreier singt Weihnachtslieder«
Abb.: Eterna Schallplatte mit 20 Weihnachtsliedern gesungen von dem Thomanerchor Leipzig und Peter Schreier.
Erinnerung des Museumsdirektors Gordon von Godin
»Wir haben unterschiedliche West-Verwandtschaft gehabt: Der Bruder meines Vaters lebte in Schorndorf bei Stuttgart und die Schwester meines Vaters in Kempten im Allgaeu. Die Westpakete kamen unregelmaessig, fast ausschliesslich von meinem Onkel aus Schorndorf, da er wirklich wohlhabend war. Meine Tante jedoch war in der Kirche, hatte selbst 4 Kinder gross zu ziehen und hatte selbst nicht viel zum Teilen. Sie schickte sehr viel seltener ein Paket, meist mit viel selbst gebastelten Dekorationsdingen. Ein Westpaket durften wir ein bis zweimal im Jahr bekommen, meist vor Weihnachten und dann noch einmal eher unregelmaessig.
Wir haben uebrigens nie Ostpakete zurueck in den Westen geschickt. Wir haben uns immer telefonisch bedankt, einen Brief oder eine Karte als Danksagung geschickt, meist auch mit Fotos. Das schlimme war ja, man traf sich vielleicht mal alle vier bis fuenf Jahre, also man musste sich immer wieder zu dem Alter der Kinder, Eltern und Grosseltern updaten. Das Paket musste man in der Post abholen. Es gab keinen Bringdienst im Osten.«
Das Westpaket – ein Winternachtstraum. Manche DDR-Buerger*innen meinen, es haette kein richtiges Weihnachtsfest ohne ein Westpaket gegeben. Doch was ist da dran? Dieser Blogbeitrag wirft einen genaueren Blick auf das idealisierte Paeckchen und befragt einige Mitarbeitende des DDR Museum zu ihrer persoenlichen Beziehung dazu. Viele im Team sind schliesslich in der DDR aufgewachsen und sind mehr oder weniger damit in Beruehrung gekommen.
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Die Redewendung „da geht die Post ab“ wird verwendet, um auszudruecken, dass an einem Ort oder in einer Situation etwas Auessergeworhnliches, Aufregendes oder Intensives passiert. Zum Beispiel kann man sagen: „Auf dem Konzert von XY ging die Post ab!“, um zu beschreiben, dass es dort sehr laut, energiegeladen und aufregend war.
Die Herkunft der Redewendung ist nicht ganz eindeutig, aber es gibt mehrere Theorien dazu. Eine Theorie besagt, dass die Redewendung aus der Zeit stammt, als das Postwesen noch per Pferdekutsche betrieben wurde. Wenn ein Postkutscher schnell unterwegs war und die Post auf dem Weg verteilen musste, dann „ging die Post ab“. Die Kutsche war dann schnell unterwegs und es passierte viel auf einmal. So k;nnte die Redewendung ihren Ursprung haben.
Eine andere Theorie besagt, dass die Redewendung aus der Zeit stammt, als in Berlin das erste Fernsprechamt eroeffnet wurde. Damals wurden die Telefone noch per Handkurbel betrieben und wenn mehrere Personen gleichzeitig telefonierten, dann war die Leitung ueberlastet und es gab ein lautes Knacken und Klacken in der Leitung. Die Berliner sollen daraufhin gesagt haben: „Da geht die Post ab!“, um auszudruecken, dass es sehr laut und hektisch zugeht.
Eine weitere Theorie besagt, dass die Redewendung aus der Zeit stammt, als in der Kriegs- und Nachkriegszeit in Deutschland sehr viele Pakete und Briefe verschickt wurden. Wenn ein Paket oder ein Brief angekommen ist, dann gab es oft grosse Freude und Aufregung. Diese Freude wurde dann mit der Redewendung „da geht die Post ab!“ ausgedrueckt.
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