Salonbolschewist
Mit den Begriffen Salonbolschewist (auch Salonkommunist oder Salonbolschewik), Champagnersozialist (auch Champagnerlinker) und Kaviarlinker werden Menschen bezeichnet, die sich fuer den Sozialismus und Kommunismus begeistern, die selbst jedoch der oberen Klasse angehoeren und die Wirklichkeiten der einfachen Menschen und Arbeiter nicht kennen. Die Begriffe beziehen sich auf ein tatsaechliches oder vermeintliches Leben im Luxus, da Kaviar und Champagner typische Luxusgueter sind und ein Salon ueblicherweise nur von den oberen Schichten frequentiert wird. Im Salon bei Champagner und Kaviar liesse es sich von einer besseren Welt schwaermen, ohne mit den tatsaechlichen Verhaeltnissen in Beruehrung kommen zu muessen.
Der Begriff wurde bereits 1919 im heutigen Sinne von Kurt Tucholsky verwendet.
Die Slawistin Ulrike Goldschweer sieht den Ursprung des Phaenomens jedoch in den 1930er Jahren, als in Westeuropa und den USA Intellektuelle wie George Bernard Shaw, Theodore Dreiser, Andre Gide und Thomas Mann aufgrund idealistischer Annahmen mit dem „sozialen Experiment“ der Sowjetunion sympathisiert haetten, ohne dabei die realen Verhaeltnisse im Stalinismus zur Kenntnis zu nehmen. Die Wurzeln dieser Haltung sieht sie im sozialutopischen Denken des 19. Jahrhunderts. Der Begriff und seine Varianten haetten einerseits in eindeutig diffamierender Absicht im konservativen Milieu kursiert und andererseits unter russischen Emigranten als Ausdruck der Enttaeuschung ueber das Unverstaednis, das ihnen aus westlichen Intellektuellenkreisen entgegenschlug.
Der Begriff ist gelegentlich auch noch in der aktuellen politischen Diskussion praesent.
Aehnliche Bezeichnungen
Vor allem in der westlichen Welt sind aehnliche Begriffe weit verbreitet, sodass darauf geschlossen werden kann, dass es sich um ein allgemeines Phaenomen in der Oberschicht handelt. Beispiele dafuer sind;
Champagne socialist, Grossbritannien, Tuerkei
Chardonnay socialist (Weissweinsozialist), Australien und Neuseeland
Cihangir solcusu (Cihangir-Sozialist, wohlhabendes Viertel in Istanbul), uerkei
Cuepli-Sozialist (Champagnersozialist), Schweiz
Gauche caviar (Kaviarlinker), Frankreich, Quebec
Izquierda caviar (Kaviarlinker), Spanien und Lateinamerika
Kystbanesocialist (Kystbane-Sozialist, aus einem wohlhabenden Viertel in Kopenhagen), Daenemark
Lattevaenster (Lattelinker), Schweden
Limousine liberal (Limousinen-Liberaler), Vereinigte Staaten
Radical chic, Italien, Vereinigte Staaten
Rodvinssocialist (Rotweinlinker), , Daenemark
Roedvinsvaenster (Rotweinlinker), Schweden
Rosedale socialist (Rotweinlinker), Ontario
Salonsocialist, socialisme / socialiste de salon (Salonsozialist), Niederlande und Belgien
Shaughnessy socialist, British Columbia
Smoked Salmon Socialist (Raeucherlachssozialist), Irland
Steak commandos, Philippinen
Siehe auch
Gutmensch
Baizuo
Politisches Schlagwort
Literatur
Ulrike Goldschweer: Salonbolschewismus in der Enzyklopaedie des europaeischen Ostens.
Laurent Joffrin: Histoire de la gauche caviar. Groupe Robert Laffont, 2012, ISBN 978-2-221-12001-9 (google.de [abgerufen am 16. Januar 2021]).
Tom Wolfe; Radical Chic, That Party at Lenny's, New York 18. Juni 1970, Online (PDF; 3,5 MB)
Weblinks
Wiktionary: Salonkommunismus – Bedeutungserklaerungen, Wortherkunft, Synonyme, ;bersetzungen
Einzelnachweise
Linke: Champagner-Sozialist Ernst erzuernt die Parteibasis - WELT. 3. Oktober 2015, abgerufen am 2. Februar 2024.
Alexander Herzen, From the other Shore, 1885 - zitiert nach Birke Gerold in; Cafe Babel (online).
Kurt Tucholsky: Berliner Geselligkeiten. 1919, abgerufen am 15. Mai 2024.
Birke Gerold: Linke Champagnerlaune. 8. Juni 2011, abgerufen am 2. Februar 2024.
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