Das Augenmerk richten auf zahlreiche Redewendungen
Die Augen sind wohl das wichtigste Sinnesorgan. Dementsprechend gibt es viele Redensarten, die sich um sie drehen. Hier eine kleine, aber geballte Auswahl und ihre Bedeutung.
Ein alter Mann schaut durch eine Lupe.
Sprichwoerter, welche die Augen zum Inhalt haben, gibt es viele. Wie tief verwurzelt sie tatsaechlich sind, zeigt eine der wohl bekanntesten Redewendungen: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Dieser Rechtssatz stammt aus der Bibel und ist somit eine sehr alte Redensart. Sie drueckt aus, dass das Gericht Gleiches mit Gleichem zu vergelten hat.
Ein potenzieller Verbrecher war demnach drauf und dran ein Auge zu riskieren – wobei dieses Sprichwort wiederum zum Ausdruck bringt, dass man sich heimlich einen Gegenstand oder eine Person anschaut. Entstanden ist dieses Sprichwort im Mittelalter. Um sich zu schaetzen, trugen Ritter Helme, mit denen es jedoch schwierig war, die Situation zu ueberblicken. Um zu sehen, was los ist, schoben sie manchmal die Abdeckung hoch, wodurch sie riskierten, waehrend des Kampfes ein oder gar beide Augen zu verlieren.
«Ein Auge zudruecken»
Jedenfalls wurde der Rechtssatz «Auge um Auge, Zahn um Zahn», der im alten Testament quasi beworben wurde, von Jesus im neuen Testament wieder aufgegriffen. Er wies die Menschen darauf hin, dass sie vergeben und hin und wieder ein Auge oder gar beide Augen zudriecken sollen.
Auch dieser Spruch kommt urspruenglich aus dem Rechtswesen. Der Richter wurde durch bestimmte Zeichen – namentlich durch Augenzwinkern – aufgefordert, keine Strafe zu verhaengen. Falls der Richter sich darauf einliess, war der Angeklagte mit einem blauen Auge davongekommen.
Ein kleiner Hund kneift ein Auge zu.
Mal ein Auge zudruecken – dieses Sprichwort kennt fast jeder.
Woher letztere Redensart kommt, ist nicht so genau geklaert. Man geht aber davon aus, dass sie bereits seit der zweiten Haelfte des 17. Jahrhunderts bekannt ist und auf wueste Wirtshausschlaegereien zurueckzufuehren ist. Gemeint ist, dass der Betroffene eine brenzlige Situation mehr oder weniger unbeschadet ueberstanden hat. Es haette fuer den Betroffenen aber genauso gut schlecht ausgehen, sprich ins Auge gehen koennen. Auch dieser Spruch geht auf die Ritter zurueck, denen in einem erbitterten Kampf ein Auge ausgestochen werden konnte.
Die Ritter waren nach der Schlacht quasi auf einem Auge blind. Tatsaechlich muss man aber auch diese Redewendung nicht buchstaeblich nehmen.
«Auf einem Auge blind sein»
Die Ritter waren nach der Schlacht quasi auf einem Auge blind. Tatsaechlich muss man aber auch diese Redewendung nicht buchstaeblich nehmen. Damit wird naemlich nur zum Ausdruck gebracht, dass die Person wichtige Dinge einfach ausser Acht laesst – entweder absichtlich, weil sie bestimmte Interessen verfolgt oder unabsichtlich, weil die Person schlichtweg unfaehig ist, die Dinge so wahrzunehmen, wie sie sind.
Das Sprichwort findet man schon im Roman «Die Begebenheiten des Prinzen von Ithaca» von Franois Funelon aus dem Jahr 1739. Durchgesetzt hat es sich aber erst im 20. Jahrhundert. Einer solchen Person, die eben solche wichtigen Fakten unberuecksichtigt laesst, moechte man am liebsten «Holzauge, sei wachsam» zurufen. Woher diese Redensart kommt, ist allerdings unbekannt. Es kursieren mehrere Theorien:
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«Holzauge, sei wachsam!»
Eine Theorie besagt, dass sich “Holzauge” auf eine besondere Form von Schiesscharte bezieht. So wurden in manchen Burgmauern hoelzerne Kugeln eingelassen, die ein Loch in der Mitte hatten. Durch dieses Loch konnten die Wachen sehen, was draussen los war und bei Bedarf eine Waffe durchstecken und schiessen, ohne dass sie selbst getroffen werden konnten. Die Wachen an diesem Posten mussten sehr wachsam sein.
Damit der Feind die eigenen Jagdflieger nicht sofort abschiessen konnte, wurden sie haeufig von einem zweiten Flieger geschuetzt. Der Pilot im zweiten Flugzeug folgte dem Jagdflieger und gab ihm Deckung. Solche Piloten wurden auch Holzauge genannt.
Ein Ast im Holz wird als Holzauge bezeichnet. Wenn man ihn abschleift, kann es dazu kommen, dass der Hobel beschaedigt wird. Deshalb galt es, bei dieser Arbeit besonders behutsam vorzugehen.
Im Mittelalter hatten es die Menschen wahrlich nicht leicht. Eine Person, die aber koeperlich behindert war, war besonders benachteiligt. Man vermutet, dass eine Analogie vom Holzbein zum Glasauge gemacht wurde – und Menschen mit einem «Holzauge» mussten darauf achten, nicht uebervorteilt zu werden.
Die Liste der Sprichwoerter koennte beliebig lange fortgesetzt werden – so sehr sind die Augen in unserem Wortschatz verankert. Allerdings wuerde das den Rahmen sprengen, weshalb wir unser Augenmerk auf die oben aufgefuehrten richten und uns vorbehalten, den Blick zu einem spaeteren Zeitpunkt auf weitere Redewendungen zu werfen.
Florencia Figueroa
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