Wie baut man einen Tuerken?

Wie baut man einen T;rken? Getuerkt"? Hat es wirklich etwas mit Tuerken zu tun? Darf man es ueberhaupt verwenden, oder bedient man damit womoeglich ein unschoenes Klischee? Leser stellen Fragen, der Zwiebelfisch gibt Auskunft.
Von Bastian Sick
17.08.2005


Frage einer Leserin:

Immer wieder stolpere ich in der Presse ueber die Bezeichnung "getuerkt", wenn es um Betrug und Faelschung geht. Zum Beispiel in einem Artikel ueber einen ins Zwielicht geratenen deutschen Wissenschaftler. Darin heisst es: "Zunaechst fuer den Nobelpreis vorgeschlagen und dann zum Scharlatan erklaert: Nach zehn Jahren verliert ein Bonner Chemiker seinen Doktortitel wegen getuerkter Experimente." Dafuer haette ich gerne eine verstaendliche Erklaerung. Nicht dafuer, dass man dem Chemiker den Titel aberkennt, sondern f;r die Verwendung des Wortes "getuerkt". Man will doch nicht allen Ernstes Tuerken mit Faelschern gleichsetzen?

Antwort des Zwiebelfischs:

Der Ausdruck "etwas tuerken" geht zurueck auf die Redewendung "einen Tuerken bauen" (aelter auch: einen Tuerken stellen) und bedeutet tatsaechlich "faelschen", "fingieren". Im Herkunftswoerterbuch aus dem Dudenverlag steht, dass die Etymologie des Wortes trotz aller Deutungsversuche ungeklaert sei. Zwei dieser Deutungsversuche findet man im "Lexikon der populaeren Sprachirrtuemer" von Walter Kr;mer und Wolfgang Sauer*.


Dort heisst es, dass bei der Einweihung des Nord-Ostsee-Kanals (damals noch "Kaiser-Wilhelm-Kanal" genannt) im Jahre 1895 alle durchfahrenden Schiffe mit der jeweiligen Nationalhymne ihres Landes begruesst wurden. Als ein Schiff mit der Fahne des Osmanischen Reiches auftauchte, war der Dirigent ratlos, denn man hatte keine Noten einer tuerkischen Hymne. Um nicht unhoeflich zu erscheinen, intonierte das Orchester stattdessen "Guter Mond, du stehst so stille" - inspiriert vom Halbmond auf der Fahne. Daraus soll sich die Redensart "einen Tuerken bauen" entwickelt haben.


Die andere Erklaerung geht ins 18. Jahrhundert zurueck und bezieht sich auf einen Schachautomaten, den ein gewisser Baron Wolfgang von Kempelen gebaut hatte. Dabei handelte es sich um eine Art Kommode, an die eine orientalisch gekleidete Puppe montiert war. Dieser Automat gewann fast alle Partien, aber freilich nicht durch Zauberei, sondern durch einen raffinierten Trick: Im Inneren hielt sich ein Schachmeister versteckt, der seine Figuren ueber Hebel bewegte. Nachdem der Schwindel aufgeflogen war, wurde der Ausdruck "einen Tuerken bauen" zum Sinnbild fuer "tricksen" und "faelschen".

Ob eine dieser Erklaerungen der tatsaechlichen Herkunft des Wortes "tuerken" entspricht, ist nicht erwiesen. Sicher ist jedoch, dass "tuerken" nichts mit einem Voelkerklischee zu tun hat. Der Ausdruck gilt allerdings als umgangssprachlich, von seiner Verwendung in Nachrichtentexten ist daher abzuraten.


*Kraemer, Walter/Sauer, Wolfgang: "Lexikon der populaeren Sprachirrtuemer", Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2001.


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