Sprechen wir noch wie die Nazis?

Sprechen wir noch wie die Nazis?
Sabine Peschel
19.03.2019
Kulturschaffende, Parteigenossen, Eintopf - diese Woerter wirken harmlos, doch sie haben eine spezielle Vergangenheit. Der Autor Matthias Heine zeigt: Sie wurden gepraegt in der Zeit des Nationalsozialismus.


Es geht ihm nicht um offensichtliche Nazi-Terminologie. Der Journalist und Autor Matthias Heine ordnet vorbelastete Begriffe historisch ein, die wir in der Alltagssprache unbefangen verwenden. Denn oftmals ist der problematische Ursprung nur noch schwer auszumachen. Andere Begriffe wiederum werden zu Unrecht unter Naziverdacht gestellt. Mit seinem Buch "Verbrannte Woerter: Wo wir noch reden wie die Nazis - und wo nicht" moechte er fuer einen bewussten Umgang mit der deutschen Sprache sensibilisieren.

Deutsche Welle: Herr Heine, ist unsere Sprache tatsaechlich durch die Nationalsozialisten gepraegt?

Matthias Heine: Es gibt auf jeden Fall eine Menge Begriffe, die wir benutzen, ohne uns bewusst zu sein, dass es Woerter sind, die - zumindest teilweise - eine Nazi-Geschichte haben: Woerter, die in ihrer Wortgeschichte durch den NS-Sprachgebrauch gepraegt oder mitgepraegt sind. Und W;rter, die die Nazis erfunden haben, oder die durch die Nazis erst so richtig in Gebrauch gekommen sind. Ein beruehmtes Beispiel aus den letzten Jahren war, dass eine Journalistenkollegin vom "Spiegel" im morgendlichen Newsletter schrieb, die Sonderbehandlung Israels durch die deutsche Aussenpolitik muesse vorbei sein. Da ist ihr dann ein veritabler kleiner Shitstorm um die Ohren geflogen, weil "Sonderbehandlung" nachweislich ein haeufig gebrauchtes Synonym fuer Massenmord, fuer Ermordung im System der Konzentrationslager und im nationalsozialistischen Mordsystem war.


Ist "Parteigenosse" auch so ein Begriff?

Ja. "Parteigenosse" ist sicher nicht das schlimmste Wort, aber es ist eben ein Wort, das in der NS-Zeit reserviert war - weil es ja ohnehin nur eine Partei gab - fuer Mitglieder der Nationalsozialistischen Partei, der NSDAP. "PG" wurde das auch abgekuerzt, denn die Nazis hatten ja einen Abkuerzungsfimmel. Willy Brandt, Erich Ollenhauer oder Kurt Schumacher haetten unmittelbar nach 1945 ihre Genossen in der SPD vermutlich nicht als Parteigenossen bezeichnet, weil jeder noch das Wort im Ohr hatte. Deswegen entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass sich mittlerweile auch SPD-Leute untereinander mit "Parteigenosse" anreden.

Sie haben 87 Begriffe auf ihre NS-Vergangenheit hin abgeklopft. Wie haben Sie diese Begriffe ausgewaehlt?

Es gibt ja eine umfangreiche einschlaegige Literatur, die anfaengt mit Victor Klemperers "LTI" und "Aus dem Woerterbuch des Unmenschen" von W.E. Sueskind und anderen. Beide erschienen unmittelbar in der Nachkriegszeit in den spaeten Vierzigerjahren und beschaeftigten sich erstmals mit der Sprache des Nationalsozialismus. Die schaut man sich natuerlich zuallererst an. Und dann gibt es das kaum zu uebertreffende Standardwerk von Cornelia Schmitz-Berning: "Vokabular des Nationalsozialismus". Sie weiss mehr als jede und jeder andere ;ber nationalsozialistischen Wortgebrauch.

Ich habe mich aber bewusst - im Gegensatz zu ihr - auch fuer Woerter entschieden, die nicht zum offiziellen Nazi-Gebrauch gehoerten, also nicht zum Mord- oder Organisations-Wortschatz, sondern eher alltagssprachliche Begriffe waren, Woerter wie "Eintopf", "entruempeln" oder "Groschengrab". Das beispielsweise ist ein Wort, das aus der Nazi-Propaganda stammt. Man wollte damit zum Sparen anregen - und wir benutzen es ganz unbefangen. Das kann man meiner Meinung nach auch. Diese Woerter haben mich oft mehr interessiert, denn bei "arisch", "Rassenschande" und "Untermensch" wissen wir alle, was wir davon zu halten haben.

Ich habe gestaunt, dass es ein so klein und harmlos daherkommendes Wort wie der Artikel "der" auf Ihre Liste geschafft hat.

Ja, das ist dieser Kollektiv-Singular "der", der typisch ist im nationalsozialistischen Sprachgebrauch: "der Jude", "der Russe", "der Englaender". "Der Deutsche" steht natuerlich immer in positiven Zusammenh;ngen. Aber abgesehen von "der Deutsche": Wenn eine Gruppe erst einmal mit "der" im Kollektiv-Singular angeredet wurde, dann wusste man, dass ihr Gefahr drohte. "Der" war ein Versuch, die Individualitaet zu vertreiben, fast schon der Dehumanisierung. Das ist ein Phaenomen sehr vieler NS-Vokabeln, dass sie die Gegner dehumanisieren.

Diese Verwendung des Artikels entsprach auch ein bisschen der Sprache der Zeit. Man denke nur an die Abhandlung "Der Arbeiter" von Ernst Juenger, der den Nazis durchaus kritisch gegenueberstand, obwohl er selber rechts war. Aber in der Nazi-Sprache hat die Verallgemeinerung eine besondere Schaerfe angenommen - man hat damit Opfergruppen stigmatisiert.

Wie kommt ein so modern klingender Begriff wie "Kulturschaffende" auf Ihre Vokabelliste der NS-Sprachverdaechtigen?

Er kommt dahin, weil das eindeutig ein Wort ist, das von den Nazis gepraegt wurde: 1933, als die Reichskulturkammer gegruendet wurde, kam im Zusammenhang mit der Berichterstattung und mit oeffentlichen Appellen ploetzlich das Wort "Kulturschaffende" auf. Es wurde von Leuten, die der Schaffung der Reichskulturkammer positiv gegen;berstanden, und von Kuenstlern und "Kulturschaffenden", die ihre nationalsozialistische Gesinnung bekunden wollten, gepraegt und benutzt - vorher ist es nicht nachweisbar.

Es hat eine ironische Komponente, dass sich das Wort in die DDR gerettet und sich auch lange im linken westdeutschen Wortschatz - wahrscheinlich auf dem Umweg ueber die DDR - gehalten hat. Und wenn im letzten Jahr Kuenstler gegen vermeintlich rassistische Bestrebungen von Horst Seehofer protestiert haben und dieser Aufruf dann als Aufruf von so und soviel hundert Kulturschaffenden bezeichnet wurde, dann entbehrt das nicht einer gewissen Ironie, dass man unter einer Bezeichnung, die aus dem NS-Sprachgebrauch stammt, gegen das Aufkommen eines neuen Rassismus protestiert.

Sie haben erstaunlicherweise auch einige Woerter oder Redensarten zumindest teilweise rehabilitiert, die man sofort unter Nazi-Verdacht stellt, zum Beispiel den "inneren Reichsparteitag" und das absolut verdaechtige "bis zur Vergasung". Koennen Sie das erkl;ren?

Beide Redensarten stammen definitiv nicht aus der NS-Sprache und bedeuten auch nicht das, was man damit verbindet. "Bis zur Vergasung" laesst sich nachweisen, bevor das erste Mal eine Gaskammer gebaut wurde. Es stammt aus der Schuelersprache und kommt aus der Chemie. Wir gebrauchen auch heute Sprachbilder wie "es kocht in mir", oder "eine Unterhaltung kommt zum Siedepunkt".

Mit dem "inneren Reichsparteitag" ist es aehnlich. Das ist eher ein Sprachgebrauch aus den Dreissigerjahren, mit dem man sich ironisch der offiziellen Sprache bediente. Man hat versucht nachzuweisen, dass das angeblich auch in der Hitlerjugend gebraucht wurde, was sicher stimmt. Nur bestand die Hitlerjugend ja aus ganz normalen Schuelern - da musste ja jeder Mitglied sein. Die haben natuerlich auch die Jugendsprache ihrer Zeit gebraucht, Woerter wie "kolossal", die zum Modewortschatz der Dreissigerjahre gehoerten. Das bedeutet nicht, dass das besonders faschistisch war, wenn auch Hitlerjungen "innerer Reichsparteitag" gesagt haben. Man hoert ja auch schon eine gewisse ironische Distanz heraus - ich jedenfalls kann mir Adolf Hitler nicht vorstellen, wie er sagt: "Das ist mir ein innerer Reichsparteitag".

Ihre Beobachtungen und Analysen sind sehr unterhaltsam. Sie haben sich aber darueber hinaus entschlossen, unter jeden Begriff auch noch eine Empfehlung zu setzen, ob wir das Wort gebrauchen oder nicht gebrauchen und inwiefern wir uns des historischen Hintergrunds besonders bewusst sein sollten. Brauchen wir so etwas wie eine Sprachpolizei? Eine Instanz, die unsere Sprache scharf beobachtet und sich bei verd;chtigen Begriffen zu Wort meldet?

Definitiv nein. Es geht mir in meinem Buch nicht darum, als Sprachpolizei aufzutreten, sondern es geht um Takt, Hoeflichkeit, angemessenen Wortgebrauch, Sinn fuer die Ebene eines Wortes - also kurz um alles, was Stil ausmacht. Man soll einfach diese Informationen nutzen und sich dann ueberlegen koennen, ist das Wort hier am Platze? Ich habe ja zum Beispiel auch davon abgeraten, einen Ausdruck wie "bis zur Vergasung" zu benutzen. Nicht weil er aus der Nazizeit stammt, sondern weil er nun mal diese Assoziationen weckt.

Es geht um Aufklaerung, und es geht auch um die Befriedigung von Neugier. Ich fand es einfach faszinierend, darauf zu stossen, dass "entruempeln" ein Wort ist, das erst in den Dreissigerjahren im Zusammenhang mit bestimmten Massnahmen der Nazis aufgekommen ist.

Laesst sich ausmachen, welche gesellschaftlichen Gruppen oder Stroemungen heute noch besonders NS-belastete Begriffe verwenden?

Im Zusammenhang mit dem Aufkommen rechtspopulistischer Bewegungen in den letzten Jahren gibt es einen auch ganz bewusst von diesen Leuten gepflegten Sprachgebrauch. Einerseits gebrauchen sie - zumindest die rechtsextremen Rechtsausleger - Nazi-Begriffe, wie sie die Nazis auch gebraucht haben. Das Wort "zersetzen" zum Beispiel hat Herr Poggenburg, der ja auch innerhalb der AfD durchaus als Rechtsausleger gilt, den nicht alle AfD-Leute gut finden, gebraucht. Er sprach im Zusammenhang mit Frauen bei der Bundeswehr von "Zersetzung der Wehrfaehigkeit" - da ist man ja schon sehr nahe an der "Wehrkraftzersetzung". "Zersetzen" war ein Standardvorwurf der Nazis. Dann gibt es auf der anderen Seite dieses merkw;rdige Phaenomen, dass Begriffe genommen und leicht umgedeutet werden. So reden Rechtspopulisten haeufig von der "gleichgeschalteten Presse" und dem "gleichgeschalteten Staatsfunk" und stellen sich damit quasi als Opfer dar.

Ein anderer Begriff, der sehr haeufig im rechtspopulistischen Sprachgebrauch neuerer Zeit vorkommt, ist "Umvolkung". Das war in der Nazizeit aber eher ein Begriff, den man aktiv und positiv gebraucht hat. Man hat gesagt, in Osteuropa gibt es bestimmte Bev;lkerungsgruppen, Weissrussen, die kann man "umvolken", man kann sie zu Deutschen oder "Germanen" machen. Jetzt ist es auf einmal so, dass die Deutschen im rechtspopulistischen Sprachgebrauch von der "Umvolkung" bedroht sind. Da findet eine aktive Wiederbelebung dieses Wortschatzes statt.

Matthias Heine, 1961 geboren, arbeitet als Journalist in Berlin, seit 2010 als Kulturredakteur der "Welt". Sein Buch "Verbrannte Woerter: Wo wir noch reden wie die Nazis - und wo nicht" erschien im Dudenverlag (2019). Weitere Buecher von ihm sind: "Seit wann hat 'geil' nichts mehr mit Sex zu tun?" (2016) und "Letzter Schultag in Kaiser-Wilhelmsland. Wie der Erste Weltkrieg die deutsche Sprache fuer immer veraenderte" (2018).

Das Interview fuehrte Sabine Peschel.

Schicken Sie uns Ihr Feedback!
IHR FEEDBACK
Den n;chsten Abschnitt Mehr zum Thema ;berspringen
MEHR ZUM THEMA
SPD-Chef Sigmar Gabriel (links), Iris Berben und Clemens Schick (Foto: dpa)SPD-Chef Sigmar Gabriel (links), Iris Berben und Clemens Schick (Foto: dpa)
Gabriel wirft AfD N;he zu Nazi-Sprache vor
Der SPD-Vorsitzende legt nach: Vor kurzem hatte Sigmar Gabriel gefordert, die rechtspopulistische AfD durch den Verfassungsschutz beobachten zu lassen. Nun sieht er die Partei in enger Verbindung zum NS-Sprachgebrauch. (05.02.2016)
05.02.20165. Februar 2016

Deutsch jenseits von "Blitzkrieg"
L;ngst sind es nicht mehr nur zackige Milit;rausdr;cke aus der Nazizeit, die ihren Weg in fremde Sprachen gefunden haben. Germanismen zieren andernorts zunehmend auch Werbeslogans, Feuilletons und sogar W;rterb;cher. (16.08.2006)
16.08.200616. August 2006

Arte zeigt TV-Serie "Holocaust"Arte zeigt TV-Serie "Holocaust"
Wie der Begriff "Holocaust" ;berhaupt nach Deutschland kam
Am 27. Januar wird an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. 2005 hat die UN diesen Tag weltweit zum "Holocaust Remembrance Day" erkl;rt. Erst 1979 kam der Begriff nach Deutschland - durch eine TV-Serie. (27.01.2019)
KULTUR27.01.201927. Januar 2019

***
Deutsche Reichsbahn (nach 1945)
; Hauptartikel: Deutsche Reichsbahn (1945–1993)
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges nahmen die polnische Staatsbahn PKP und die sowjetischen Staatsbahnen S;D die jenseits der Oder-Nei;e-Linie befindlichen Fahrzeuge und Bahnanlagen der Deutschen Reichsbahn in Besitz. Die Strecken in den ab 1938 vom Dritten Reich annektierten Gebieten fielen an ihre urspr;nglichen Besitzer zur;ck. W;hrend des Krieges hatte die Reichsbahn in erheblichem Umfang Eisenbahnfahrzeuge aus den von der deutschen Wehrmacht besetzten Staaten auf Reichsgebiet ;berf;hrt und teils auch formell in ihre Best;nde aufgenommen. Diese Wagen und Lokomotiven kamen nur teilweise an ihre urspr;nglichen Eigentumsverwaltungen zur;ck, welche wiederum vielfach die bei Kriegsende auf ihrem Gebiet befindlichen Reichsbahn-Fahrzeuge ;bernahmen – nur in wenigen F;llen gab es Fahrzeugaustausche. Im besetzten Deutschland ;bernahmen die vier Besatzungsm;chte den Betrieb der verbliebenen Deutschen Reichsbahn in ihren jeweiligen Besatzungszonen, so dass auch die Organisation der Deutschen Reichsbahn zun;chst in vier Bereiche aufgeteilt wurde.

In der amerikanischen Zone wurden die Reichsbahndirektionen Augsburg, Frankfurt am Main, Kassel, M;nchen, Regensburg und Stuttgart (f;r die Bahnen in W;rttemberg-Baden) der Oberbetriebsleitung United States Zone in Frankfurt am Main unterstellt. Die Reichsbahndirektionen Essen, Hamburg, Hannover, K;ln, M;nster (Westfalen) und Wuppertal wurden in der Reichsbahn-Generaldirektion in der Britischen Zone unter Generaldirektor Max Leibbrand in Bielefeld zusammengefasst. Entsprechend der Bildung der Bizone entstand 1946 daraus die Hauptverwaltung der Eisenbahnen des amerikanischen und britischen Besatzungsgebiets. Sie arbeitete zun;chst in Bielefeld und verlegte 1947 ihren Sitz nach Offenbach am Main.[37] Zum 1. Oktober 1948 lautete in der amerikanischen und britischen Besatzungszone die Bezeichnung „Deutsche Reichsbahn im Vereinigten Wirtschaftsgebiet“[38] und in Folge der Gr;ndung der Bundesrepublik Deutschland dann „Deutsche Bundesbahn“.[39]

In der franz;sischen Besatzungszone waren die Eisenbahnen in der Betriebsvereinigung der S;dwestdeutschen Eisenbahnen mit Sitz in Speyer zusammengefasst. Die Betriebsvereinigung umfasste die Eisenbahndirektionen Karlsruhe (in der US-Zone gelegen), Mainz und Saarbr;cken. Nachdem das Saarland aus der franz;sischen Zone herausgel;st wurde und eine eigene Staatsbahn – die Eisenbahnen des Saarlandes – erhielt, ging das restliche Netz der Eisenbahndirektion Saarbr;cken auf die neue Direktion Trier ;ber. Nach der Umbenennung in Deutsche Bundesbahn wurde die Betriebsvereinigung mit dieser vereinigt.

Die Staatsbahn in der sowjetischen Besatzungszone – ab 1949 DDR einschlie;lich Gro;-Berlin – behielt die Bezeichnung „Deutsche Reichsbahn“ aus statusrechtlichen Gr;nden bei. In Berlin hatten die westlichen Besatzungsm;chte nach ihrem Einzug in die Westsektoren die von der SMAD getroffenen Regeln und Entscheidungen f;r das Berliner Eisenbahnnetz akzeptiert und dessen Betriebsf;hrung als Einheit angesehen, ohne dass dar;ber eine schriftliche Vereinbarung als n;tig angesehen wurde. Eine Umbenennung h;tte den Status quo ge;ndert und damit zum Verlust der Betriebsrechte in West-Berlin gef;hrt.[40] So behielt die Deutsche Reichsbahn die Betriebsrechte f;r den Eisenbahnverkehr einschlie;lich der S-Bahn im Westteil Berlins. Sie umfasste die Reichsbahndirektionen Berlin, Cottbus, Dresden, Erfurt, Greifswald, Halle, Magdeburg und Schwerin.
You sent
Eintopf

Linseneintopf mit Lammfleisch
Ein Eintopf ist eine der Gem;sesuppe ;hnliche Mahlzeit, oft b;uerlichen Ursprungs, die eine vollwertige Mahlzeit darstellt und gemischte Kost in einem Topf gekocht bietet.[1]

Typische Hauptzutaten sind H;lsenfr;chte wie Erbsen, Bohnen oder Linsen, Gem;se wie Kohl, Steckr;ben, M;hren oder Kartoffeln, auch Getreideprodukte wie Graupen, Brot oder Nudeln, in Wasser oder Br;he gegart. Hinzu kommen je nach Rezept zum Beispiel Lauch, Sellerie und Zwiebeln, Fleisch, Wurst oder Speck (diese h;ufig gep;kelt oder ger;uchert).

Gerichte, die in einem Topf zubereitet werden, sind schon sehr alt und weltweit verbreitet. Bekannte Eintopfgerichte im deutschsprachigen Raum sind zum Beispiel Linseneintopf oder Steckr;beneintopf, in der j;dischen K;che Tscholent, aus der regionalen K;che inzwischen ;berregional bekannt sind Pichelsteiner oder auch Gaisburger Marsch.

Begriffsgeschichte
Die Kochtechnik, eine komplette Mahlzeit aus verschiedenen Zutaten in einem einzigen Topf zuzubereiten, war fr;her vor allem in Norddeutschland bis hin nach Ostpreu;en verbreitet, bedingt durch die Tatsache, dass das dort ;bliche niederdeutsche Hallenhaus lange Zeit eine offene Feuerstelle besa; und keinen geschlossenen Herd. ;ber das offene Feuer konnte nur ein Kochkessel geh;ngt werden. Gerichte aus gemeinsam gekochtem Gem;se, Kartoffeln und Fleisch wurde fr;her regional auch als „Durcheinander“ bezeichnet, da es noch keinen anderen Ausdruck daf;r gab.[2] „Obwohl also bis weit ins 19. und 20. Jahrhundert das Zusammengekochte zum Ern;hrungsalltag auf dem Lande und in der Stadt geh;rte, so fehlt der zusammenfassende Begriff ‚Eintopf‘.“[3]

Die Erfindung der Erbswurst als Verpflegung f;r die deutsche Armee im Deutsch-Franz;sischen Krieg war die Einf;hrung des Eintopfs beim Milit;r. Die sogenannte Gulaschkanone ersetzte seit 1910 und im Ersten Weltkrieg bei der deutschen Armee die vorher ;blichen gr;;eren Feldk;chen. Doch w;hrend einschl;gige W;rterb;cher zur Soldatensprache dieser Zeit den Ausdruck Gulaschkanone und ein Synonym Erbsendroschke auff;hren, kommt das Wort Eintopf darin noch nicht vor. Auch bei der Rumfordsuppe handelte es sich um ein Eintopfgericht, sie wurde aber nicht als solches bezeichnet.[2]

Sowohl „Eintopf“ als auch der deutlich h;ufiger benutzte Begriff „Eintopfgerichte“ wurden im Ersten Weltkrieg neu geschaffen. ;ltere Kochb;cher kennen den Begriff nicht.[2] Hauswirtschaftslehrerinnen und Verwaltungsbeamte propagierten seit 1915 Eint;pfe im Rahmen der Massenspeisungen in Kriegsk;chen. Sie ben;tigten weniger Kochgeschirr und erm;glichten eine umfassende Nutzung aller Nahrungsressourcen. Die Akzeptanz der „Eint;pfe“ war allerdings unterschiedlich. In Nord-, Mittel- und S;dwestdeutschland wurden sie klaglos verzehrt, doch sie stie;en in Berlin, vor allem aber in Bayern auf betr;chtliche Vorbehalte. Die seit 1917 h;chst schwankende Qualit;t f;hrte dazu, dass der Begriff „Eintopf“ nach Kriegsende kaum in die kulinarische Literatur eindrang. Die Belege konzentrieren sich auf Armen- und Notstandsspeisungen, zumal w;hrend der Inflationszeit, auf Eint;pfe in studentischen Mensen, und in die Erziehungsbem;hungen der Hauswirtschaftslehre.

Der Volkskundler Konrad K;stlin weist auf die Bedeutung des Eintopfs f;r die Jugendbewegung hin, in der in den 1920er Jahren agrar-romantischen Gedankengut popul;r wurde: „Auch in Literatur und der b;rgerlichen Heimatkunstbewegung wird das Essen aus einer Sch;ssel zum Gemeinschaftstopos. […] Die Individualisierung, die sich im eigenen Teller f;r jeden kulturell objektiviert, wird damit zum S;ndenfall des Zivilisationsprozesses. Durch den einen Topf, in dem f;r alle das gleiche gekocht wird, soll mit dem Symptom die Sache revidiert werden.“[4]

Im Duden ist der erste Eintrag f;r Eintopfgericht in der Ausgabe von 1934 enthalten, in ;lteren Ausgaben kommt er noch nicht vor.[2] Die Verwendung ist aber, wie ausgef;hrt, umfassend schon f;r die Zeit weit vor 1933 belegt.[5][6]


;ffentliches Eintopfessen zugunsten des NS-Winterhilfswerks, 1938
Der Begriff Eintopf wurde von den Nationalsozialisten popularisiert und ideologisch besetzt.[7][2] Die Nationalsozialisten verliehen dem Alltagsgericht eine symbolisch-;berh;hte Bedeutung und brachten es in Zusammenhang mit dem Begriff der Volksgemeinschaft. 1933 wurde der Eintopfsonntag eingef;hrt. Alle B;rger waren aufgefordert, an einem Sonntag pro Monat das ;bliche Fleischgericht durch einen Eintopf zu ersetzen und das so eingesparte Geld dem Winterhilfswerk (WHW) zur Verf;gung zu stellen. Die Popularisierung des Begriffs in der NS-Zeit baute laut dem Volkskundler Konrad K;stlin jedoch auf bestimmten b;rgerlichen Vorstellungen des 19. Jahrhunderts auf, die den Begriff Hausmannskost als Gegensatz zur angeblich ;berfeinerten Franz;sischen K;che ansah und diese einfache Kost in einen positiven Zusammenhang mit dem deutschen „Volkscharakter“ brachte.[2] „In der durchaus demokratischen Volksfesttheorie des beginnenden 19. Jahrhunderts wird mehrfach die Vorstellung von einem gemeinsamen und gleichen Essen formuliert, durch das soziale Unterschiede zugunsten der nationalen Gemeinsamkeit aufgehoben werden sollen.“[8]
You sent
Gulaschkanone
You sent
Erbsendroschke
You sent
Lieber Gulaschkanone als Kanonenfutter ... "
You sent
Der brave Soldat Schwejk
You sent
Die Erbsendroschke war der erste Volkswagen ... "
You sent
Ferdinand Porsche


Рецензии