В дому работы, в стране неволи
Lesja Ukrainka
Im Haus der Arbeit, im Land der Knechtschaft
Dialog
Ein grosser, vom Mittagslicht der Sonne ueberfluteter Platz am Stadtrande von Memphis; Im Westen geht er in eine echte Wueste ueber, sandig, von trockenem Dunst umhuellt, vor Hitze zitternd; im Osten umgeben mit dem Papyrus- und Lotusdickicht, das den Schlamm bedeckt, vom Hochwasser des Nils zurueckgelassen. Mitten auf dem Platz ein riesiger Bau, noch nicht vollendet: Kolonnaden, hie und da noch ohne Kapitell, aber nach einem ausgepraegten Plan hingestellt, Mauern mit bunten Bildern, noch mit dem Netz der Hilfslinien bezeichnet, riesige Figuren der Goetter mit unvollendeten Emblemen auf den Koepfen, einige noch ganz ohne Koepfe. Gruppen von Arbeitern beschaeftigen sich mit dem Bau:
Einige machen Ziegel, einige bringen dafuer Schlamm und Wasser aus dem schlammigen Dickicht; die anderen, unter Aufsicht des Baumeisters, errichten die Saeulen, legen die ersten Balken fuer die Decke, Holzschnitzer und Maler bemuehen sich tuechtig um Zierden und Statuen.
Die Arbeit wird aber immer flauer, Mittagsm;ueigkeit lastet auf allen - Sklaven und Aufseher.
Der aeltere Aufseher
(auf die Sonnenuhr vor der Statue des Gottes Ra blickend)
Macht Rast, es ist schon Mittag! Legt euch alle hin!
(Die Arbeiter hoeren auf zu arbeiten und legen sich hin, zumeist jeder an seinem Arbeitsplatz. Einige suchen nach Schatten, die anderen holen ihren Speisenvorrat und staerken sich, aber die meisten faellen zum Schlafen wie tot auf dem heissen Sand, auf Steine, am Rande der Mauer, entlang der Bohlen zwischen den Saeulen, sogar auf die Knie der riesigen Goetter; die Sonne glaenzjt auf den verschwitzten Stirnen, die Kleidung scheint mit dem Abglanz der heissen Strahlen zu gluehen - die Sklaven spueren nichts, sie schlafen fest, schwer und heftig atmend.)
Hebraeischer Sklave
(In verschmutzten, zerzausten Kleidern, von angetrocknetem Schlamm bedeckt, abgemagert, mit schmaler Brust, erschoepft. Er eilt ungeduldig, den Kopf an die schattige Seite des Steinbalkens zu lehnen. Seine Stimme ist heiser, gequaelt, er wirkt wie ohnmaechtig)
Oh, Herr der Heerscharen! Kann ich nicht
Ein Weilchen ruhen?
Schlafen, schlafen, schlafen,
Sonst halt ich's nicht mehr aus!
Oh, Herr der Rache!
Aegyptischer Sklave
(Seine Kleidung ist mit den Farben beschmiert, aber es gibt keinen anderen Schmutz auf ihr; er ist ebenso mager wie der Hebraeer, aber seine duenne, sehnige Figur ist breitschultrig und wie aus rotem Kupfer geschmiedet, sie verraet hartnaekige, ungebrochene Staerke, eine beinahe unmenschliche Zaehigkeit. Er sitzt auf der grossen Zehe des kolossalen Osiris und isst einen trockenen Fladen mit Knoblauch, spuelt mit Wasser aus einem Tongefaess nach. Seine laenglichen zusammengekniffenen Augen schauen mit gutmuetigem Spott auf den Hebraer. Nach einer Weile spricht er den Hebraeer mit einer duennen, etwas knarrenden Stimme an)
Was plapperst du? Von welcher Rache? Wer
Soll sich denn raechen? Und an wem? Wofuer?
Schwatztest du nicht, waerst laengst du eingeschlafen...
Es sei denn, hast du Hunger?
Hebraer
(gereizt)
Lass mich bloss!
(Nach einer kurzen Pause, noch gereizter)
Wie fragst du nur, wofuer gehoert die Rache?
Sollst du von frueh bis spaet nicht in der Sonne
Hier braten? Tut dein Ruecken dir nicht weh?
Brummt nicht dein Kopf dir? Bist du aus Kristall?
Oder aus Kupfer? Bist du Stein, kein Mensch?
Magst du dich etwa in den Farben ruehren,
Wie ich in dieser Bruehe?
Aegypter
Sieh mal an!
Die Worte fluten, echte Ueberschwemmung,
So dass ich fuerchte mich schon zu ertrinken!
Ja, Hitze - es ist Sommer! Ja, ermuedet
Sind alle, Farben, Bruehe, Kot - na und?
Das ist doch Arbeit.
Hebraer
(faehrt auf und schlaegt sich auf die Brust)
Was nuetzt jene Arbeit?!
Sag mir, wem nuetzt das? Wer in diesem Lande
Nur weiss, wozu wir uns hier plagen muessen?
Es sei denn, waer's ein Haus, ein Palast,
Und wenn auch Kerker, Schuppen, Pferdestall,
Doch dieser bloede Steinhaufen ist unnuetz,
Die langen Pfeiler, Goetzen - ohne Sinn!
Aegypter
Das ist ein Tempel - weisst du nichts davon?
Hebraer
Der Tempel? Und wofuer?
Aegypter
Wieso fragst du?
Die Goetter brauchen auch ihre Wohnung.
Hebraer
Die Goetter? Wohnung?
(Weist auf den Himmel und auf die Wueste.)
Wessen Haus ist das?
Ich frage dich, wer hat da eine Wohnung?
Aegypter
(ruhig)
Dort ist nicht bloss die Wohnung oder Haus.
All das ist wie ein Koenigreich, und das,
Was wir errichten, wird wie ein Palast,
Das Haus von Ra, die Wohnung von Osiris,
Das Obdach fuer die Wanderin Isis,
Die Wiege Horus', der Rastplatz von Ptah,
Die Werkstaetten von Thot, der Stall von Apis,
Anubis, Neith, Amun da auch wohnen.
Hebraer
(haelt sich die Ohren zu)
Oh Gott des Donners, mach mich lieber taub!
Dass ich nur diese Namen nicht anhoere!
So bitter ist auch Knechtschaft, doch am schlimmsten
An ihr ist es, dass ich den Ungeheuern
Auch dienen muss, selbst widerwillig, fluchend!
Ich trage Schlamm fuer die verdammten Ziegel,
So werde selbst ich Schlamm, mit Leib und Seele!
(Zu dem Aegypter)
Sag ehrlich mir, wenn du zu dieser Arbeit
Zwangsweise nicht getrieben waerst, so wuerdest
Du dann freiwillig solche Haeuser bauen
All jenen, die du eben hast genannt?
Aegypter
Gewiss, ich wuerde bauen.
Hebraer
Dann fuer dich
Gibt's keine Knechtschaft?
Bist du denn kein Sklave?
Aegypter
Oh, moechte ich es sein!
Wenn ich nur selber
Mein eigener Herr waere, wuerde ich
Die Arbeit anders ordnen: mehr Erholung,
Mehr Feste wuerde ich mir goennen, und
Das Essen sollte auch besser sein,
Man wuerde mich nicht schlagen - das schon sicher!
Vielleicht, ich wuerde keine Mauern streichen, -
Ich koennte Schnitzerei und Baukunst lernen.
Dann wuerde ich hier etwas anders machen:
(Weist mit der Hand in verschiedene Richtungen.)
Diejenige Figur machte ich hoeher,
Und diese kleiner; hier ich wuerde lieber
Anstatt orangefarben rot verwenden;
Vielleicht, ich legte auch die Grundmauer
Anders zusammen - diese ist zu laenglich, -
Als Muster fuer die Pfeiler wuerde ich
Anstatt Papyrus lieber Lotus nehmen...
Hebraer
Doch wuerdest du die Arbeit nicht verlassen?
Aegypter
Ach, nein! Der hohe Meister Thot behuete
Mich stets vor Muessiggang! Alle Aegypter,
Wir arbeiten so tuechtig nicht nur weil
Genoetigt, sondern auch mit Vergnuegen.
Es scheint mir immer, dass ich besser wuerde
Mein Werk verrichten, wenn ich frei nur waere,
Zum Beispiel so, wie unser Baumeister.
Es ist ja Glueck zu leben, wie er lebt!
(Er streckt sich gemuetlich auf dem Vorsprung der Sandale von Osiris und,
die Augen zugekniffen, traeumt laut)
Nein, das noch nicht! Nicht so, wie Baumeister -
Denn er ist noch kein eigner Herr, - zuerst
Befiehlt der Pharao, eroertern Priester,
Danach erst baut er, was ihm geboten.
Ich wuerde anders tun. Ich baute Tempel
Nach meiner eignen Art, ich faende neue
Embleme fuer die Goetter, Kolonnaden
Ganz anders wuerd' ich auch zurechtstellen, -
Zu dritt, zu fuenft, zu siebt sie dann vereinigen,
So, wie die Palmen manchmal aufwachsen...
Ei! Waere das ein Tempel! Meine Goetter...
(Er rueckt naeher zum Hebraeer und fluestert)
Und weisst du, in den Pyramiden wuerde
Ich lieber keine Koenige bestatten,
Sondern all' jene, die gerecht gelebt,
Die gute Werke taten. Freilich, dafuer
Die Pyramiden sollte man noch hoeher
Errichten und die Durchgaenge in ihnen
Noch laenger machen, aber das tut nichts,
So sollten sie vielleicht noch schoener werden,
Dann nichts und niemand koennte sie zerstoeren,
Weil sie den echten Bergen gleich schon waeren...
Ich moechte gerne einen Berg behauen
Und viele lange Gaenge drin durchschlagen,
Und Tausende Sarkophage stellen,
Dann reichten sie fuer alle Toten aus.
Das waere wahrlich neue Pyramide,
Die ganze Welt noch nicht gesehen!
(Er laechelt und wird still. Eine Zeitlang scheint er zu schlafen, aber nach einer Weile redet er den Hebraer mit etwas verschlafener Stimme an)
Und du?
Was wuerdest du denn tun, wenn frei du w;aeest?
Hebraer
(Er war ebenso auf einmal still geworden und lag unbeweglich, wie abwesend, aber ploetzlich faehrt er auf und naehert sich mit heftiger Bewegung dem Gesicht des AEgypters. Er spricht mit einer noch heisereren, beinahe lautlosen Stimme, jedoch voller Wut und Schadenfreude)
Ich? Was ich wuerde tun? All eure Tempel
Und Pyramiden wuerde ich zerstoeren!
Die bloeden Goetzen aus Stein zerschlagen!
Die Mumien auf den Muellhaufen werfen!
Den Nil versperren wuerde ich und das Land
Der Knechtschaft ueberschwemmen!
(Der Aegypter wendet den Arm und schlaegt den Hebraer ins Gesicht, der mit gellendem Schrei zu Boden faellt)
Der Aufseher
(laeuft mit dem Stock herbei)
Was fuer Laerm?
Was ist hier los? Ah, ihr verfluchten Sklaven!
Man kann sich nicht erholen euretwegen!
(Schlaegt die beiden mit dem Stock)
Nun, geht jetzt beide arbeiten vorzeitig,
Frueher, als alle. Das ist eure Strafe!
(Er geht beiseite)
Aegypter
{nimmt den Eimer mit Farbe und Malerpinsel, um die Mauer zu streichen; sagt zu dem Hebraer)
Du, hoer mal zu, sei mir doch nicht so boese,
Ich weiss, es gehoert sich nicht, sich so zu schlagen,
Doch brauste mir das Herz auf. Ich vergass,
Dass wir trotz allem Kameraden sind,
Wir haben ein gemeinsames Haus der Arbeit.
Verzeih mir doch!
Hebraer
(wendet sich von ihm ab und hebt den schmutzigen Ton-Korb von der Erde auf, duester)
Tut nichts, ich musste wissen,
Dass ich hier Sklave anderer Sklaven bin,
Dass dieses Land der Knechtschaft fremd mir ist,
Dass ich hier keine Kameraden habe.
Und kein mehr Wort mit dir ich werde sprechen!
(Sie gehen auseinander - der Aegypter zum Bau, der Hebraer zum Schlamm des Nils. Die anderen Sklaven schlafen.)
Kiew, 18.X. 1906
Свидетельство о публикации №123031601792
А тебе плодотворной работы над переводами
Лидия Гржибовская 17.03.2023 10:00 Заявить о нарушении
Надия Медведовская 17.03.2023 14:25 Заявить о нарушении