Вавилонский плен - 1
Babylonische Gefangenschaft
Dramatisches Gedicht
Eine weite Ebene. Der rote Sonnenuntergang faerbt wie Blut breite Waesser von Tigris und Euphrat, die zusammenfliessen. Ueber die ganze Ebene sind Zelte der Gefangenen verstreut. Nackte Kinder suchen nach Reisig im Schlamm und trockenem Torf zur Heizung. Abgetragene, geplagte, meistens alte Frauen kochen Abendessen - jede bei ihrem eigenen Lagerfeuer - fuer die Maenner, die nach der schweren Arbeit aus der Stadt zurueckgekehrt sind und sich schweigend unter den Weiden, am Wasser hingesetzt haben.
Etwas abseits, ebenso unter den Weiden, stehen zwei Gruppen: Propheten und Leviten. Ueber den Propheten auf den Weiden haengen Harfen, sie schaukeln und klirren manchmal von den Windstoessen. Von fern sind babylonische Mauern und Tuerme zu sehen, manchmal dringt der Laerm aus der Stadt heran.
Eine Frau
(ruft von einem Lagerfeuer)
Du, Mann, komm schon zum Abendessen her!
Ein Mann, noch jung, steht von einer Gruppe auf und setzt sich schweigend zum Abendessen.
Magst du kein Brot?
Der Mann schweigt.
Schmeckt es dir jetzt so bitter?
Du hast doch nicht zu waehlen, iss!
Mann
(undeutlich sprechend, ganz wie ein Greis)
Ich kann nicht essen.
Frau
Weh mir! Deine Zaehne?!
Und wo denn...
Mann
Dort.
(Weist auf Babylon)
Frau
Oh weh uns! Solch ein Unglueck!
An einem anderen Lagerfeuer.
Ein alter Mann(kommt auf eine alte Frau zu, die am erloschenen Lagerfeuer
unbeweglich sitzt, den Kopf tief gesenkt)
Gib mir zu essen!
Die Frau schweigt und bleibt ohne Bewegung.
Du hast nichts gekocht?
Die Frau schweigt.
Warum denn hast du Asche auf den Haaren?
Frau schweigt und beugt sich noch tiefer.
Der alte Mann
Und wo ist unsre Malka?
Frau
Dort!
(Weist auf Babylon, faellt nieder und schuettet sich Asche auf ihr Haupt.)
Der alte Mann
Adonai!
(Zerreisst seine Kleider und faellt ebenso nieder.)
Am drittem Lagerfeuer, um das nur Maenner sitzen, meist Alte.
Eine Frau von mittlerem Alter (naehert sich schuechtern, an ihre Kleidung klammem sich zerlumpte Kinder.)
Verzeiht mir, Vaeter, wenn ich euch mal frage,
Hat jemand heute meinen Mann gesehen?
Ein Alter
Wie ist sein Name?
Frau
Ebenezer Ben Hosea.
Ein zweiter Alter
So hiess er, als du keine Witwe noch warst?
Frau
Was du nicht sagst?!
Der dritte Alte
Nun, graem dich nicht, die Toten
Koennen vom Feind nicht mehr gefoltert werden.
Frau
Oh weh mir, was kann ich jetzt anfangen
Mit kleinen Kindern?
(Sie jammert.)
Kinder
Mama! Mama! Mama!
Eine Wahnsinnige
(wandelt zwischen den Lagerfeuern)
Glueck sei dem Schoss, der nicht geboren hat,
Glueck sei auch jenem Busen, der nie gestillt...
Hei, sei du trostlos, babylon'sche Frau!
Hei, freu' dich nicht, du Mutter boeser Natter!
Ein Maedchen
(fluestert zur Freundin, auf die Wahnsinnige weisend)
So ist es, seit ihr Kind in Babylon
Getoetet wurde.
Freundin
Oh! Das ist so furchtbar!
Maedchen
Und ich sah es mit meinen eignen Augen
Wie ein Soldat den Knaben an dem Fuss
Ergriff und schlug...
Freundin
Schweig bitte! Sprich du nicht!
Unter den Weiden eine Gruppe von Leviten
Fuer Vaetersuenden hat der Herr genommen
Uns seinen Tempel, hohes Heiligtum.
So muessen wir wie Kinder des Verschwenders D
ie Vaterschulden buessen ohne Schuld!
Gruppe von Propheten
Jerusalem empfing uns mit den Steinen,
Und dafuer schlug es Gottes Zorn gerecht.
Die Tochter Zions hatte uns missachtet,
Vom Sohne Baals wurde sie gefesselt.
1. Levit
(spricht zu dem anderen Leviten)
Warum warst du beim Gebet nicht da?
2. Levit
Ich musste noch Abrechnungen beenden.
Jetzt werden naemlich Loehne ausgezahlt
An alle Bauarbeiter aus Haram.
1. Levit
Und konntest du dich nicht ersetzen lassen
Durch einen der Untreuen?
2. Levit
Waer's mein Wille!
Der Meister sagt jedoch, es gaebe keine,
Die besser zaehlen koennten als Judaeer.
1. Levit
Ja, wahr ist es!
2. Levit (im Stillen)
Fuer jene gute Hilfe
Hat mir der Meister diesen Ring gegeben.
1. Levit
Lob sei dem Herrn, dass er sein Volk beschenkte
Mit hoher Weisheit ueber alle Voelker!
(im Stillen)
Und braucht man dort vielleicht noch einen zweiten?
Die Leviten tuscheln miteinander.
Samaritischer Prophet
So sprach der Herr: Auf Garizimer Berge
Liss; ich ein schoenes Haus mir erbauen,
Auf der Anhoehe steht dort mein Altar.
Doch ihr seid abgefallen und erkanntet
Das Haus meines Ruhmes nicht - wie Sohn
Betrunken und von Sinnen kommt vorbei
An Vaters Haus, ohne es zu erkennen.
Er soll dafuer im Finstern ewig wandeln,
Und wird er seinen Feinden zum Gespoett.
Judaeischer Prophet
So sprach der Herr: "Mein Heiligtum gestellt
Wird unter euch, in meiner Stadt Jerusalem,
Damit ihr all', wie sich zum Bienenkorb
Die Bienen sammeln, dort versammelt werdet,
In meinem Tempel. Doch ihr wolltet nicht
Und flogt wie ein wilder Schwarm auseinander.
Dafuer bestraf' ich euch mit boesen Wespen."
Samaritischer Prophet
Der Loewe Judas raubte den Schafstall
Von Israel und trieb die Schafe fort.
Judaeischer Prophet
Sauls Nachkommen sollen Schafe weiden,
Doch Menschenhirten sein gebuehrt euch nicht.
Samaritischer Prophet
Der Herr von Israel wird dich nun treffen
Mit meiner Hand!
(Erhebt seinen Stab gegen den judaeischen Propheten)
Judaeischer Prophet
Oh Herr!
Gedenke nun Davids, deines Knechts!
(Hebt einen Stein und zielt auf den samaritischen Propheten)
Eleasar
(Ein junger Prophetensaenger, der gerade aus Babylon zurueckgekehrt ist, stuerzt sich zwischen die zwei zerstrittenen Propheten)
Besinnet euch!
Bedeckt doch nicht mit Schmach die beiden Namen
Von Israel und Juda!
Samaritischer Prophet (zu Eleasar)
Ah, du bist’s,
Du Schandfleck der Propheten!
Meinst du, dass Israel und Juda sind durch dich geruehmt?
Judaeischer Prophet (zu Eleasar)
Abscheulicher Lump! Was platzt du jetzt hinaus
Aus deiner Stinkhoehle ans Tageslicht?
Dort sind dein Gott und Volk, so bleib bei ihnen!
2. Levit
(spuckt im Vorbeigehen auf Eleasar)
Der Herr mag dich aus seinem Munde werfen!
Dein Name mag wie Speichel untergehen!
(Allmaehlich kommen die Menschen herbei, die die Verwuenschungen hoerten)
2. Levit
(reisst von der Weide eine Harfe herunter)
Nun will ich dies verfluchte Zeug zerschmettern!
Eleasar
(greift ihn bei der Hand)
Du, lass doch meine Harfe! Denn sie ist
An meinen Suenden gar nicht schuld! Magst du
Mich fluchen, wenn du meinst, ich es verdient,
Du sollst nicht als verfluchtes Zeug beschimpfen
Die heil'ge Harfe!
3. Levit
Und wodurch sie wurde
Dir so geweiht?
Eleasar
Durch Aufrichtigkeit,
Denn keine Saite auf ihr falsch stimmte!
Ein junger Bursche
So zur Belohnung liesst du sie da haengen!
Eleasar
(zum Burschen - traurig)
Wozu hast du’s gesagt?
Der junge Bursche
Nun, tue nicht,
Als ob du nicht verstehst!
Der Alte
Ja, dieser Bursche
Gesprochen hat dir naemlich ins Gewissen,
Wenn dein Gewissen nicht verstummt doch waere...
Ein Mann
Was redet ihr zu ihm, ist er nicht taub!
Ein Kind
(zu Eleasar, seine Haende nach der Harfe streckend)
Gib's mir zu spielen, Onkel!
Die Mutter des Kindes (zupft das Kind)
Was ich sagte?
Du darfst auf diesen Onkel nie zugehen!
(Das Kind weint, die Mutter bringt es weg.)
Eine alte Frau
(zu einem Maedchen, das in der Naehe steht)
Es gibt schon keine Scham in Israel,
Das Maedchen steht da ohne ihren Schleier
Und schaut auf den Abtruennigen.
Maedchen
Ich nur...
Alte Frau
Pass auf, das waere doch ein grosses Unglueck,
Wenn du dein Herz an den Verdammten haengst.
Maedchen
Wenn alle ihn verfluchen, dann ich auch.
(Verhuellt sich mit dem Schleier und tritt zur Seite.)
Eleasar (zu allen)
Ihr, meine Vaeter, Brueder, Muetter, Schwestern!
Seit wann ist es denn unsre Sitte, Menschen
Ohne Gericht zu urteilen? Koennt ihr
Mir aufrichtig sagen doch, wofuer
Behandelt ihr mich wie den Aussaetzigen?
Der Alte
Weil du den Aussatz aufgegriffen
In Babylon, wenn du auf dessen Plaetzen
Fuers Geld den Soehnen Baals sangst.
Eleasar
Und ihr
Habt euch nicht angesteckt dort auf der Arbeit?
Ein Mann
Die Arbeiter sind nicht im Dienst von Moloch.
Eleasar
Und wem dann dienen sie mit Hand und Werkzeug?
Habt ihr ihm solch ein Haus nicht erbaut
In Babylon, wie unser Herr nie hatte
In seiner Stadt Jerusalem?
1. Prophet
Man soll
Uns, den Gefangenen, dies Unglueck nicht vorwerfen.
Eleasar
Und bin ich kein Gefangener? Warum
Dann tadelt ihr mich fuer unfreie Arbeit?
2. Prophet
Denn Spaten, Schnuere, Eggen, Aexte sind
Nur Werkzeug in der Menschen Hand - wie Sklaven,
Und das Prophetenwort muss nur dem Herrn
Frei dienen - und sonst niemandem.
Der Alte
Auch jetzt
Wirst du nach unserem Gericht verlangen?
Eleasar
Ja, das verlange ich - und sei es denn,
Gesteinigt werde ich. Es lebt der Herr!
Ihr muesst gerecht das zwischen uns entscheiden,
- Sonst wendet sich ein Urteil gegen euch!
Der Alte
So lasst uns ihn anhoeren! Niemand soll
Dann sagen, dass die Wahrheit in Jerusalem
Auf den Ruinen schon fuer immer ruht.
So sag uns nun, Eleasar, wodurch
Warst du gezwungen, dein Wort zu verkaufen?
Eleasar
Weil niemand meine Haende kaufen wollte.
Mein Vater brachte mir kein Handwerk bei,
Die Mutter liess mich kraftlos aufwachsen.
Zwar konnten meine Haende Harfe meistern,
Gehorchten mir kein Spaten, keine Axt.
Ich fiel sofort unter der schweren Last,
Der Waechter trieb mich von der Arbeit fort.
Der Alte
So sollen deine Eltern dich ernaehren,
Wenn sie dich nicht gelehrt, selbst zu verdienen.
Eleasar
Verdiente ich einst ehrlich in Jerusalem
Mein taeglich Brot auch damit, was sie lehrten.
Und hier... es brennt mir schon auch jenes Brot,
Das Vater aus Babylon bringt taeglich,
Von Vaters Arbeit schwer ist doch zu leben.
1. Levit
Dein Vater bringt ja auch goldne Ringe,
Nicht Brot allein!
Eleasar (zu allen)
Erklaert diesem Leviten,
Dass Gold auch brennt und nicht nur glaenzt!
2. Levit (giftig)
Warum
Soll deines Vaters Arbeit dich so brennen?
Eleasar
Wer wird gerichtet - ich oder mein Vater?
Wenn so, dann stellt all' Vaeter vor Gericht,
Die sich fuer die Familie aufopfern!
1. Levit
Warum dann wendest du dich nicht ans Volk,
Damit es dich von jenem Brot ernaehret,
Das fuer Leviten ist bestimmt und Krueppel?
Eleasar
Weil ich bin weder Krueppel noch Levit!
Ein kleiner Junge (zu seinem Vater)
Oh, Vati, ich will auch ein Stueckchen Brot!
Der Vater
Ich hab doch keines, Soehnchen!
Ein Mann
Was denn noch!
Der Kleine hoert euch von der Nahrung reden,
So will er gleich, dass man ihm Brot auch gibt!
Eleasar
Und gut gesagt der Junge! Seine Antwort
Ist schon viel besser, als ich sagen koennt'!
Ihr habt jetzt alle das Gespraech gehoert:
"Gib mir ein Stueckchen Brot!" - "Ich habe keins!"
Solange spricht man so in Israel,
Wird auch Eleasar das Brot nicht teilen
Mit Krueppeln und Leviten. Wer hat Brot,
Soll es doch lieber jenem Kinde geben,
Und ich empfang' von meinem Volk auch Steine;
Wer Fische hat, soll damit Kinder speisen,
Und mir gebt jene Schlange uns'rer Leiden,
Die Blut vom Herzen aufsaugt - damit
Gehe ich auf breite babylon'sche Plaetze,
Sie gibt dann einen Stachel meinen Worten,
Ihr Pfeifen wird in Babylon erhoert!
Der junge Bursche
Nun, solche Lieder bringen dir nicht viel
Gewinn in Babylon! Schon sicher weniger,
Als du fuer Zionslieder dort verdientest!
Eleasar
Was du hast da gesagt, war unbedacht,
Dort sang ich niemals unsre Zionslieder.
Du sprachst schon wahr: Ich liess auch jene Harfe
Da haengen, weil sie sich dazu nicht eignet,
Die heuchlerischen Lieder zu begleiten,
Und Zionslieder werden ohne Harfe
Von niemandem gesungen. So auch ich
Sang nie das Lied der Liebe unter Feinden.
Das Zionslied ist aller Lieder Zierde,
Sie war wie eine Braut in Jerusalem,
Wie die Geliebte in der heil'gen Stadt.
Doch hier sie wuerde so, wie eine Sklavin
Wer nimmt sich die Gefangene zur Frau?
Bei diesen Worten hoert man Stoehnen unter der Menge.
Eleasar verstummte und beugte sich.
Свидетельство о публикации №118101408193
Всякий труд его достоин.
Надия Медведовская 17.10.2018 22:31 Заявить о нарушении