Die Baerengebaerde

Meine Frau wird scheu, und mir droht die Scheidung.
Mein Geruch ist kein Gehrock, und ich kann nicht mein Geruch wechseln.

Doch wechseln meine Gerueche und ueberraschen mich selbst.

Ich selber spuere nicht gern dieses Geruch, das meine Frau erschreckt, doch spuere ich es, spuere, spuere, weil es sprueht.

Meine Waesche stinkt, und ich wasche mich umsonst, weil etwas in mir, aus mir waechst, und ich wage nicht diesem Etwas zu sagen: Weg!

Ich rieche nach dem Moder, doch auch nach dem Mark, nach dem Mord, doch auch nach dem Mohn, nach dem Morast, doch auch nach dem Most: ich rieche nach dem Honig, dessen Biene bestaetigt: ich bin.

Das Reich riecht, und stinkt der Stillstand mit dem Staub.

Dabei gibt es noch mein Du, das duftet.

Meine Urmutter ging nach dem Wald in ihrer Hochzeitsnacht, wo er sie traf, der das Recht der ersten Nacht hatte, er, Herr von Haar, Herr von Honigshorn, Freiherr von Honigshort, dassen Name man nicht auszusprechen wagte: Er Herr Baer.

Seitdem glueht sein Glied in meinem Blut, und mein Gestank ist mein Gestaendnis.

Ich kann nicht verhehlen: ich bin Baerenerbe, und an den Hintertatzen vollbrachte ich bis jetzt jede meine Tat.

Was wird die freie Welt tun, wenn meine Krallen die interkontinentalen Raketen lenken?

Die Wasserstoffbombe – der Baerenbonbon.

Doch reizt auch mein Gestank, ansteckendes Gestern, die Frauen, unter denen auch meine Frau ist; uebrigens sind sie nicht alle mein, mindestens manchmal: das Recht der letzten Nacht?


Das Baerenpaar gegen die Baerenpartei.

Wenn die Baerentatze die Demokratenpfote drueckt, bleibt nur das Photo: la faute du fatum.

Wahrlich ist der Russe  Urs-us, der russische Baer. Bin ich Barbar? Nein, Baer, Baer, Baer…

Was wuerde Levy-Bruehl mit seiner geistigen Welt der Primitiven sagen, wenn er mein Gebruell hoerte?

Im Irrenhaus schrie ploetzlich einer meiner Genossen: „Der Baer! Der Baer!“
Und alle anderen bloekten: „Bae-ae-aer! Bae-ae-aer! Bae-ae-aer!“ von ihren Betten, von den Schafschafotten, und als ich aufstand, um sie zu beruhigen, flohen sie fort mit dem ganzen Personal; die Behoerden reagierten auf den Alarmanruf nicht, weil sie glaubten: das Irrenhaus erlebt den Anfall des Massenwahns; so blieb ich allein in dem leeren Raum und ging nach Hause.

Unterwegs hoerte ich wiederum die Schreie: „Der Baer! Der Baer!“ Und man schoss nach mir, doch verfehlte man das Ziel; der Baer ging weiter an den Hintertatzen rasend ohne Rast und Ruh; endlich kam der Wagen aus dem Zoo, und mich traf die somnifere Ladung.

Ich erwachte im Kaefig, als ob dieser Kaefig das Cafe fuer Nudisten waere, weil man dort einen Menschen sah, obwohl er haarig, obwohl er nackt war; und man bezichtigte diesen haarigen Menschen des Baerenraubes.

Und ich wurde zum Verhuer nach der Polizei geschleppt, und durch das vergitterte Fenster des Wagens sah ich meine verwaiste Heimat, mein Ursusland, wo zwischen dem Irrenhaus und dem Kaefig auf mich das Gefaengnis wartet.

Und als der Wagen an dem Wald vorbeifuhr, oeffnete ich die Tuer des Wagens und entschuepfte.

Dann holte mich endlich die echte, einfaeltige Kugel nach, doch hinkte ich weiter, wie dem Baeren gebuehrt, und verschwand in dem Wald, wo jetzt ich liege: meine Baerenhoehle ist warm dank meinem Blut; Herr von Herbst bedeckt mich mit seinen duerren Blaettern, Frau Holle kommt und wickelt, wiegt mich fuer den ganzen Winter ein, der hoffentlich ewig dauern wird; doch fuerchte ich mich: auch der Schlaf ist falsch, falsch ist der Schlaf, schlaf – falsch…

4.06.2000.


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