Spiegeleier - Beilage lang

Schatten... Nein, mit diesem Wort vermoechte
Unser Held dies kaum zu beschreiben...
Als ob jemand von dem Spiegel abgezogen haette
Seinen schimmernden, betruegerischen Schleier,
Als ob ins Unendliche entglitten waeren
Alle Antlitze, Abrisse, Lebenskleider –
Das war ungefaehr und dennoch nicht dasselbe,
Was sich hier verbarg... Dazu noch diese Beiden...

- Nun, da bist du ja mit uns! Welch eine Freude!
Wollen wir nun endlich miteinander sprechen,
wollen wir die knappe Zeit nicht mehr vergeuden
und das Eis vom Missverstaendnis brechen...
Nun der Ausdruck „die Zeit“ ist hier entbehrlich,
Denn es gibt hier, streng genommen, keine -
Ich bin ja mit dir, wie mit dem Freunde, ehrlich
Luegen haben auch hier, im Jenseits, kurze Beine...

- Teufel, du hast eine ueberfluessig lose Zunge, -
Sagte Zweiter zu dem ersten forschen Redner.
- Ich muss doch erklaeren - meinem armen Jungen -
Wie es hier zugeht, - erwiderte sein Gegner...
Deine Absicht war wohl mich zu fragen,
Was dir zugestossen ist, mein lieber Kumpel.
Du bist ja gestorben... Aber, muss ich traun sagen,
was war denn dein Leben? Ganz korrekt - Geruempel!

- Ich hab doch geschwiegen... – Nichts zu machen,
Wir sind nicht gescheit in gleichem Masse...
- Du wirst wohl vor Ueberfluss an Klugheit krachen,
Wer hat dir gesagt, dass ich dich ihn verhoehnen lasse?
- Unser Ziel ist nun Verhandlung anzustellen
Ueber all deine Vergehen und Verdienste,
Zur Verfuegung stehen uns die tiefsten Quellen,
In Betracht gezogen wird hier auch das Geringste.

Ueber dich am Ende werden wir das Urteil faellen,
Demzufolge gehst du dann entweder in die Hoelle...
- Gute Pfannen, fing der Teufel an zu bellen,
spielen selbstverstaendlich dort die groesste Rolle!
- Deiner Narrenpossen bin ich ueberdruessig,
Bist du denn beschwipst nach einer Molle? -
merkte ihm sein Gegner und fuhr fort ganz ruhig:
...oder wohl ins Paradies, oder wohl ins Fegefeuer.

- Wollen wir an dich solch eine Frage stellen:
Hast du auf Erden Menschen selbst ermordet?
- Ja, das habe ich getan – gemaess Befehlen,
So, wie vom Soldaten seine Pflicht es fordert.
- Hast du kein Vergnuegen denn daran gefunden? -
schien dem Teufel Wut die Stimme zu verzerren
- Hat man an der Front des Freundes Tod verwunden,
Wird man dann des Feindes Blut begehren...

- Willst du wohl uns sagen, was dich peinigt?
Eingestaendnis wird zum Freispruch viel beitragen.
- Ja, im Krieg hab ich ein Maedchen vergewaltigt
Zur Rechtfertigung kann ich nicht Vieles sagen.
- Es ist eine wirklich schwere Suende! Stimmt es?
rief der Teufel schmatzend, wie vor einem Schmaus, -
Geht der Kerl mit mir? Ich sehe einfach keines,
das ihn jetzt noch retten koennte! Ist die Sache aus?

- Du bist derart hastig, wie gemeine Knechte,
die im Leben vor den Staerkeren antichambrieren,
und erbarmungslos, wie jene starken Maechte,
die es gar nicht schert, dass Menschen vegetieren.
- Was kann ich dafuer? Ich bin doch Teufel!
Meinen Teil der Arbeit muss ich doch erfuellen,
Du hast meine Taetigkeit doch anerkannt als solche,
Lass dich darum von dem Glauben an Menschen lullen.

- Grade deshalb ist es meine Pflicht aufzupassen,
dass wir jede Seele unvoreingenommen richten,
dass wir sie auf die Waage immer bringen lassen,
ausser den Suenden, guter Taten schoenere Geschichten.
Dass die Menschen deinetwegen Unfug treiben,
da sie deine boesen Schliche oft verfuehren koennen,
gibt dir keinen Grund, die Haende schon zu reiben,
und der armen Seele keine Rettung jetzt zu goennen.

Hast du schon vergessen, wie derselbe Bursche
Fluechtlingen, ja, denen, die verhungern wuerden,
ja, denselben, die Soldaten oft verwuenschen,
an der Stelle, wo sich viele Andere vor Gier erwuergen,
sein recht knappes Kommissbrot zu geben pflegte?
Hast du schon vergessen, wie im Schlachtgetuemmel
er sich seinen wunden Freund auf Schultern legte,
ihn forttrug von jenem zuegellosen Todesrummel?

- Wenn man dir zuhoert, so kann man glauben,
dieser Kerl sei jetzt nur noch des Paradieses wuerdig!
Aber so was kann man nur aus dem Finger saugen,
Deine Argumente sind doch meinen kaum ebenbuertig.
- Leider kommt jetzt Paradies gar nicht in Frage,
das Gewicht von Suenden ist hier doch betraechtlich.
Fegefeuer – muss ich jetzt mit Missbehagen sagen,
deine weiteren Ansprueche sind veraechtlich.

So ist nun die Wahrheit fuer den Menschen:
Laut diesem Urteil muss er in dem Fegefeuer bleiben,
um die Suenden seines Lebens dort zu buessen,
so, als haette er in diesem Leben nicht genung zu leiden.
Davon wussten aber nicht die Kameraden,
die fuer den Soldaten mit aufgetrenntem Bauch
ein recht tiefes Grab ausgehoben hatten.
Seine ersten Knospen trieb der Haselstrauch...


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